Nairobi, Khartum (epd). Nach der Eroberung der westsudanesischen Stadt El Fasher durch die paramilitärische Miliz RFS mehren sich Berichte über brutale Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) warnte vor weiterer Gewalt. Der Einmarsch der Milizionäre habe bei den Einwohnern, die 500 Tage unerbittlicher Belagerung überstanden hätten, Angst ausgelöst, teilte das UNHCR am Dienstag in Genf mit. Viele Zivilisten steckten in der Hauptstadt des sudanesischen Bundesstaates Nord-Darfur fest und hätten keine Möglichkeiten zu fliehen.
El Fasher war die letzte Bastion der Armee in der westlichen Region Darfur, die ein Zentrum der Gewalt im seit 2023 andauernden Krieg ist. Mit der Armee verbündete Milizen beschuldigten die RSF („Rapid Support Forces“), bei der Eroberung der Stadt über 2.000 Zivilistinnen und Zivilisten getötet zu haben. Die Opfer seien vor allem Frauen, Kinder und ältere Menschen, teilten die „Joint Forces“ auf Facebook mit. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig prüfen.
Allerdings werfen auch Wissenschaftler der US-Universität Yale den RSF Massaker und ethnische Säuberungen vor. Menschen seien getötet worden, während sie versuchten, aus der Stadt zu fliehen, erklärten die Forscher für humanitäre Krisen. Auch das UNHCR sprach von grausamen Hinrichtungen in der Stadt. Demnach haben es in den vergangenen Tagen schätzungsweise 26.000 Menschen geschafft, El Fasher zu verlassen. Während der Angriffe und auf der Flucht seien Frauen und Mädchen sexueller Gewalt ausgesetzt gewesen. Laut dem Netzwerk Sudanesischer Ärzte wurden mehr als 1.000 Menschen inhaftiert, darunter ein bekannter Journalist und mehrere Mediziner.
El Fasher war nach eineinhalb Jahren Belagerung an die RSF-Miliz gefallen. Die Armee habe sich zurückgezogen, um weitere Zerstörung zu verhindern, sagte Militärchef Abdel Fattah Al-Burhan am Montagabend laut der Zeitung „Sudan Tribune“. Das UNHCR forderte alle Parteien nachdrücklich auf, von Gewalt und insbesondere von Angriffen auf Zivilisten abzusehen.
Die medizinische Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ hat nach eigenen Angaben Dutzende Verletzte aus El Fasher im bereits überlasteten Krankenhaus der 60 Kilometer entfernten Stadt Tawila behandelt. Allein in der Nacht von Samstag auf Sonntag seien mehr als 1.000 Menschen in Tawila angekommen.
Bundesentwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (SPD) sagte, die blutige Gewalt nach der Eroberung von El Fasher durch die RSF sei „erschütternd und versetzt uns in große Sorge“. Auch UN-Generalsekretär António Guterres äußerte sich „zutiefst besorgt“ über die jüngste militärische Eskalation und forderte die internationale Gemeinschaft auf, jegliche Unterstützung für die Kriegsparteien einzustellen. Die Afrikanische Union (AU) verurteilte Menschenrechtsverbrechen der RSF und forderte ein Ende der Kämpfe sowie einen humanitären Korridor zur Versorgung der Bevölkerung.
Der 2023 eskalierte Machtkampf zwischen der Armee und der RSF hat einer der gravierendsten Hunger- und Vertreibungskrisen weltweit verursacht. Zehntausende Menschen wurden getötet, etwa zwölf Millionen sind laut UN auf der Flucht, zwei Drittel der Bevölkerung brauchen Nothilfe zum Überleben. In Darfur wurde in einigen Gebieten eine Hungersnot festgestellt. Unweit von El Fasher gab es in den vergangenen Monaten mehrere Massaker, unter anderem in Flüchtlingslagern. Beiden Konfliktparteien werden Kriegsverbrechen vorgeworfen.



