"Nein", sagt Heinz Bley. Zerstritten habe sich der Pferde-Glocken-Friedenstreck nicht - nur getrennt. Er selbst sei mit zwei Mitstreitern aktuell "mitten im Taurusgebirge" in der Türkei unterwegs. Zuvor habe er Konya passiert. Die Millionenmetropole liegt etwa 200 Kilometer südlich von Ankara und gilt strenggläubigen Muslimen seit hunderten von Jahren als wichtiger Wallfahrtsort. Trotzdem würden sie als Christen in jeder Stadt auf ihrem Weg herzlich willkommen geheißen.
Bley - im Hauptberuf Landwirt und ehrenamtlicher Ortsbürgermeister des thüringischen 1.500-Seelen-Fleckens Crawinkel - werde, wo er hinkomme, von den örtlichen Bürgermeisterkollegen empfangen. "Mir geht es gut", sagt er. Die Hauptgruppe um den brandenburgischen Pfarrer Helmut Kautz hat sich hingegen für eine Alternativroute durch Griechenland entschieden. Wochenlang stockte der Transport der Glocke, nachdem die Türkei im September dem Treck an der Grenze die Einreise verweigert hatte. Kautz musste umdisponieren.
Der ursprüngliche Plan, die aus Militärschrott gegossene 65 Kilogramm schwere Friedensglocke 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs vom Brandenburger Tor in Berlin mehr als 4.800 Kilometer weit durch elf Länder per Pferdetreck nach Jerusalem zu bringen, war nicht mehr zu halten. Inzwischen ist seine Gruppe in der Nähe von Thessaloniki angekommen, will die Pferde von dort mit einer Spedition nach Deutschland zurückschicken, die Glocke auf ein Schiff verladen und am 2. November Israel per Flugzeug erreichen.
Dort soll der Glockenwagen dann ab dem 6. November mit einheimischen Pferden und Kutschern weiterfahren. Auch Kautz erzählt, der Treck habe auf seinem Weg bislang eine "überwältigende Gastfreundschaft" erfahren. Er und seine 14 Friedensfahrer seien zu Geburtstagen eingeladen worden und an Schulen entlang des Wegs gefeiert worden. Die Gründe für die Zurückweisung an der türkischen Grenze bleiben derweil im Dunkeln. Beide Trecks erzählen ihre eigene Version. Laut Kautz war die offizielle Begründung für die Einreiseverweigerung das Fehlen von Stempeln für die Pferde. Doch für den Pfarrer reichen die Gründe tiefer. Kautz verweist auf den "Kontext der regionalen Geopolitik".
Einreise-Verweigerung in der Türkei
Die Verweigerung der Einreise in ein politisch heikles Gebiet für ein Projekt, das einen direkten Bezug zu Israel habe und Militärschrott transportiere, deute darauf hin, dass die bürokratische Hürde als politisches Instrument eingesetzt worden sei. Die türkische Regierung habe es vorgezogen, das logistische und politische Risiko eines solchen symbolträchtigen Friedensprojekts auf ihrem Staatsgebiet zu vermeiden. Die Erklärung von Heinz Bley klingt profaner. Während der vielen Tage des Wartens im Zoll seien Kosten aufgelaufen, die der Friedensglocken-Verein nicht habe zahlen können oder wollen. Er selbst habe sich frische Pferde in der Türkei besorgt und sei "freundlichst in das Land hineingebeten worden".
Die symbolträchtige Glocke überließ er allerdings Pfarrer Kautz. Die Fraktion Bley aus drei Personen ist mithin nur noch als Pferde-Friedenstreck unterwegs. Seine eigenen Tiere reisen per Tiertransport durch die Türkei zur syrischen Grenze, die türkischen Pferde will er - dort angekommen - wieder verkaufen. Bald will Bley die Grenze zu Syrien erreichen. Seine Pferde, da ist er sich sicher, dürfen mit ihm einreisen. Die Syrer haben offenbar andere Probleme als veterinärrechtliche Bescheinigungen. Wenn alles klappt, sagt Bley, werde er mit seinem Teil-Treck wie geplant Weihnachten in Jerusalem sein.
Die Glocke und der unter dem biblischen Hebräerbrief-Motto "Jaget dem Frieden nach mit Jedermann" reisende Haupttreck wollen dann schon lange ihr Ziel erreicht haben. Infolge der Verschiffung wollen Pfarrer Kautz und seine Mitreisenden die Heilige Stadt bereits am 13. November erreichen. Bley will sich für diesen Tag von seinem Treck lösen und "in Jerusalem vorbeischauen". Natürlich sei er willkommen, sagt Kautz, der den Thüringer einen Mann nennt, "der sich halt schwer unterordnet". Der Verein habe ihm den Flug nach Amman schon gebucht und das Taxi von dort nach Jerusalem bereits bestellt.



