Initiative bekämpft Ärztemangel auf dem Land

Portrait des Stipendiats Carl Robert Burkhart in weißem Arztkittel
epd-bild/Carl Robert Burkhart
Nach seinem Medizinstudium, das der Verein "Ärzte für die Westpfalz" finanziert, wird der 21-jährige Carl Robert Burkhart in der Region als Arzt zu arbeiten.
Zum Medizinstudium nach Ungarn
Initiative bekämpft Ärztemangel auf dem Land
Er stammt selbst aus einem kleinen Ort im Pfälzerwald: Carl Robert Burkhart studiert Medizin in Ungarn - die Studiengebühren übernimmt der Verein "Ärzte für die Westpfalz". Der 21-Jährige verpflichtet sich, später in der Region als Arzt zu arbeiten.

Carl Robert Burkhart weiß, wovon er spricht: Wenn man "auf dem Land" lebt, wird es immer schwieriger, einen Termin bei einem Hausarzt zu finden. Manche nehmen keine Patientinnen und Patienten mehr an. "Oder sie schließen", sagt der 21-Jährige, der aus der 1.500-Seelen-Gemeinde Bruchweiler-Bärenbach bei Dahn im Pfälzerwald stammt. Mit einem Vollstipendium der Vereins "Ärzte für die Westpfalz" studiert er im dritten Semester Medizin an der ungarischen Universität von Pécs. Danach will er als Haus- oder Kinderarzt in seiner Heimatregion in der Südwestpfalz arbeiten.

Carl Robert Burkhart ist einer von insgesamt 32 jungen Menschen im Alter zwischen 19 und 23 Jahren, denen das Förderprogramm ein deutschsprachiges Medizinstudium an den ungarischen Universitäten in Pécs und Semmelweis in Budapest ermöglicht - ohne Einser-Abitur und Zulassungsbeschränkungen. Der vor zwei Jahren gegründete Verein "Ärzte für die Westpfalz" mit Sitz in Kaiserslautern übernimmt die Studiengebühren ganz oder teilweise und kümmert sich um deren persönliche Betreuung.

Nach ihrem Studium verpflichten sich die Studierenden, mindestens drei bis fünf Jahre in der Westpfalz oder im Landkreis Bad Kreuznach zu arbeiten. In der ländlichen Region wachse der "Notstand in der ärztlichen Versorgung", sagt Rainer Guth, Vereinsvorsitzender und parteiloser Landrat des Donnersbergkreises aus Kirchheimbolanden. Es gebe es zu wenige Haus- und Fachärzte, und die Wege zum nächsten Krankenhaus seien häufig sehr weit. Mit dem Stipendienprogramm setze man dem Ärztemangel in der strukturschwachen Region etwas entgegen.

Über 15 Medizinerinnen und Mediziner sollen zukünftig jährlich zusätzlich eingesetzt werden können. "Es ist mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein", sagt Guth. Das Projekt habe einen starken Rückhalt in der Bevölkerung und werde von Sponsoren und Privatspendern unterstützt. Bis zu 15.000 Euro im Jahr übernimmt "Ärzte für die Westpfalz" pro Stipendiat oder Stipendiatin bei einem Vollstipendium. Bei einem kompletten Medizinstudium mit sechsjähriger Laufzeit sind das rund 90.000 Euro.

Sicherung der gesundheitlichen Versorgung

Zudem wird bei einem 50-prozentigen Teilstipendium Hilfe bei den Finanzierungskosten angeboten. Dem Verein gehören Kommunen in der Westpfalz und im Landkreis Bad Kreuznach, die ZukunftsRegion Westpfalz, das Pfalzklinikum und das Westpfalz-Klinikum an. Fördermitglieder sind die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz und mehrere Verbandsgemeinden aus der Westpfalz. 

Ebenfalls gefördert wird eine weitere rheinland-pfälzisch-ungarische Kooperation, die zum kommenden Wintersemester startet: 40 Medizinstudierende können jeweils die Hälfte ihres Studiums zunächst an der Semmelweis-Universität in Budapest und dann in Kaiserslautern an der neu gegründeten "Medical School Kaiserslautern (MSK)" absolvieren, die dem Westpfalz-Klinikum angegliedert ist. Die Kooperation erhöhe die Zahl der Medizin-Studienplätze im Land und trage damit zur Sicherung der gesundheitlichen Versorgung in der Westpfalz und darüber hinaus bei, hob der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) hervor.

Für Carl Robert Burkhart erfüllt sich mit dem geförderten Medizinstudium in Ungarn ein Lebenstraum. Der junge Mann hätte mit seinem Zweier-Abi wohl nur schlechte Chancen gehabt, einen Studienplatz in dem zulassungsbeschränkten Fach in Deutschland zu ergattern - und wenn, nur mit längerer Wartezeit. Ein Freund wies ihn auf das besondere Förderprogramm hin. Auf die Idee, Arzt zu werden, kam er nach einem Jahr als Rettungssanitäter. "Ich wollte mehr", sagt der junge Südwestpfälzer. An seinem Studienort im ungarischen Pécs fühlt sich Burkhart wohl, er wohnt dort in einer Wohngemeinschaft. Die Atmosphäre an der Universität bezeichnet er als "sehr familiär".

Das Studium in kleinen Gruppen sei praxisorientiert, die Anforderungen seien so hoch wie in Deutschland. Mit seinem Stipendium komme er finanziell gut zurecht, sagt er. Zuletzt absolvierte er als Teil des Studiums Praktika bei einem Hausarzt und in einem Krankenhaus in Pirmasens. Lust auf ein Leben in einer Großstadt hat Carl Robert Burkhart nicht. In seine waldreiche Heimatregion in der Nähe zur französischen Grenze, die zum Wandern und Radfahren lockt, will er auf jeden Fall zurückkehren. "Es gibt eine sehr starke Heimatverbundenheit", sagt er. Und wo sieht er sich selbst in fünf Jahren? "Als Mediziner in der Südwestpfalz."