Berlin (epd). Es könnte ein Aus für das strikte Verbrenner-Aus werden: Die Bundesregierung will sich auf EU-Ebene zumindest für eine Aufweichung des eigentlich für 2035 vereinbarten Stopps für Neuzulassungen von benzin- und dieselbetriebenen Fahrzeugen einsetzen. 2035 dürfe es keinen „harten Schnitt“ geben, sagte Merz nach einem Treffen mit Vertretern der Automobilindustrie sowie Verbänden und Gewerkschaften aus der Branche am Donnerstag in Berlin. Schon beim nächsten Treffen der EU-Staats- und -Regierungschefs in zwei Wochen will er demnach das Thema diskutieren.
Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) deutete Zustimmung zu einer Aufweichung des bisherigen Ziels an. Man brauche „mehr Flexibilität“ und „Pragmatismus“, sagte der SPD-Chef, der ebenfalls an dem Treffen mit Vertretern der Autobranche teilgenommen hatte. Klingbeil sagte, es gehe beispielsweise um Plug-in-Hybride, die sowohl elektrisch als auch mit Verbrenner-Motor fahren können, Reichweitenverlängerer und Beimischungen „als Zeichen auch der Technologie-Option“. Das sei für seine Partei ein Weg, „den wir für absolut gangbar halten und wo wir auch zu Veränderungen der deutschen Position kommen würden und kommen wollen“, sagte er.
Der Finanzminister und Vizekanzler betonte gleichzeitig, niemand stelle den Weg infrage, der konsequent in Richtung Elektromobilität zeige. Auch Merz sagte, das werde „voraussichtlich“ die wichtigste Antriebstechnologie in Zukunft sein. Er bezeichnete die E-Mobilität als „Hauptstraße“. Es gebe aber noch andere Technologien, sagte er, räumte jedoch ein, dass es Zeit brauchen werde, sie zu erproben.
Die Bundesregierung will laut Klingbeil und Merz jetzt schnell zu Entscheidungen kommen. Das sogenannte Verbrenner-Verbot wurde 2023 auf EU-Ebene beschlossen. Um CO2-Emissionen zu senken, sollen laut dieser Regelung ab 2035 keine Fahrzeuge mehr zugelassen werden dürfen, die klimaschädliche Abgase verursachen.
Aus der SPD gab es in den vergangenen Tagen vernehmbaren Widerspruch zu der Unionsforderung nach einer Rücknahme des Verbrenner-Verbots, unter anderem von Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD). Er erklärte nach dem Treffen mit der Autobranche: „Wir haben heute nicht den Rückwärtsgang in die alte Verbrenner-Welt eingelegt“, sondern einen „flexibleren, sozialeren Übergang in die neue Welt beschrieben“.
Schneider drang darauf, die Aufweichung des Verbrenner-Verbots durch mehr Klimaschutz in anderen Teilbereichen des Verkehrs auszugleichen, „zum Beispiel, indem Autos mit grünem Stahl gebaut werden“. Dies sei eine neue Idee, „die die EU-Kommission gründlich und wohlwollend prüfen sollte“, sagte er.
Der Umweltminister hatte zuvor die Einigung der schwarz-roten Koalition auf ein neues Förderprogramm für E-Autos gelobt. Beim Koalitionsausschuss, der bis in die Nacht zum Donnerstag tagte, hatten sich die Spitzen von CDU, SPD und CSU darauf verständigt, insbesondere Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen bei der Nutzung emissionsfreier Fahrzeuge zu unterstützen. Dafür sollen dem Beschlusspapier zufolge die Mittel des EU-Klimasozialfonds und zusätzlich bis 2029 drei Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds zur Verfügung gestellt werden.