Mainz, Ludwigshafen (epd). Die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (parteilos) sieht in der schlechten Finanzlage vieler deutscher Städte eine Gefahr für den Fortbestand des politischen Systems. „Demokratie leidet, wenn Kommunen zu Tode gespart werden“, sagte sie am Mittwoch in Mainz. Die drastisch gestiegenen Sozialausgaben und Jugendhilfe-Kosten hätten den Städten die Gestaltungsfreiheit genommen. Bund und Länder müssten Gesetze endlich „so finanzieren, dass die Städte nicht draufzahlen“.
Für Ludwigshafen summierten sich die nicht refinanzierten Kosten im Bereich Soziales und Jugend 2025 auf mehr als 240 Millionen Euro, im kommenden Jahr werde der Betrag voraussichtlich auf 270 Millionen ansteigen. Die zweitgrößte Stadt von Rheinland-Pfalz lebe schon seit gut 30 Jahren mit Sparhaushalten. Dies spürten die Bürgerinnen und Bürger im Alltag, weil beispielsweise das Geld für die Pflege städtischer Grünanlagen fehle.
Lange Zeit hätten andere Städte dem einst wohlhabenden Ludwigshafen vorgeworfen, über seine Verhältnisse zu leben, klagte die ehemalige Sozialdemokratin, die 2023 unter anderem wegen der schlechten Finanzausstattung der Kommunen aus der SPD ausgetreten war. Doch „Ludwigshafen braucht für Jugend- und Sozialausgaben anderes Geld als Baden-Baden“. Besonders die ärmeren Menschen in der Stadt litten unter der Situation, während Reiche in den Speckgürtel des Umlandes umziehen könnten.
In der Debatte um den Wahlausschluss des AfD-Politikers Joachim Paul vor der Oberbürgermeisterwahl verteidigte die scheidende Amtsinhaberin ihre Entscheidung: Sie hätte sich womöglich strafbar gemacht, wenn der Landtagsabgeordnete trotz Zweifeln an seiner Verfassungstreue zur Wahl zugelassen worden wäre. Im Wahlausschuss, der über den Ausschluss Pauls entschied, hatte Steinruck den Vorsitz inne.
Die Anfeindungen nach der Entscheidung, Paul nicht zuzulassen, hätten jedes akzeptable Maß überschritten, kritisierte Steinruck. Es seien sogar Mitarbeiter der städtischen Telefonzentrale bedroht worden. Für städtische Beschäftigte sei eine psychologische Beratung eingerichtet worden.
Die frühere Gewerkschaftsfunktionärin, Landtags- und Europaabgeordnete Steinruck amtiert seit 2018 als Oberbürgermeisterin ihrer Heimatstadt. Bei der OB-Wahl Ende September war sie nicht mehr angetreten. Wer ihr Nachfolger wird, entscheidet sich am Sonntag zwischen den Kandidaten Klaus Blettner (CDU/FWG) und Jens Peter Gotter (SPD).