Steinmeier zu Gast in Leipziger Synagoge

Steinmeier zu Gast in Leipziger Synagoge
Bundespräsident Steinmeier hat am Dienstag die jüdische Gemeinde in Leipzig besucht. Bei dem Treffen am zweiten Jahrestag des Hamas-Angriffs auf Israel kritisierte er, Menschen jüdischen Glaubens würden für israelische Politik in Haftung genommen.

Leipzig, Berlin (epd). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am zweiten Jahrestag des Massakers der Hamas in Israel Jüdinnen und Juden in Leipzig getroffen. In der orthodoxen Brodyer Synagoge sprach er am Dienstag mit Mitgliedern der Israelitischen Religionsgemeinde über das jüdische Leben und gewachsene Judenfeindlichkeit nach dem Terrorangriff am 7. Oktober 2023 in Israel. Das Treffen fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Steinmeier sagte laut Bundespräsidialamt in dem Gespräch: „Ich will, dass Jüdinnen und Juden ohne Angst in Deutschland leben können.“ Wer Jüdinnen und Juden bedrohe oder sogar angreife, „greift uns alle an“, erklärte Steinmeier: „Das werden wir nicht hinnehmen.“

Der Bundespräsident kritisierte, dass Deutsche jüdischen Glaubens immer wieder für israelische Politik in Haftung genommen würden. Kritik an der aktuellen Politik in Israel dürfe niemals als Rechtfertigung für Anfeindungen oder Übergriffe gegen jüdische Bürgerinnen und Bürger in Deutschland missbraucht werden, erklärte er.

Steinmeier erinnerte an die Opfer des 7. Oktober 2023 und die Geiseln in der Hand der Terroristen. Zugleich äußerte er seine tiefe Sorge um die vielen Not leidenden Menschen in Gaza. „Wir alle hoffen, dass die aktuellen Bemühungen um Frieden endlich zum Erfolg führen“, erklärte er.

Bei dem Treffen schilderten laut einem Sprecher die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Erfahrungen nach dem 7. Oktober. Sie berichteten demnach von einer spürbaren Zunahme des Antisemitismus in allen Alltagsbereichen. Sie hätten deshalb zunehmend Ängste und würden ihre jüdische Identität weniger nach außen tragen, obwohl sie sich in Leipzig sehr wohlfühlten. Auch der jüngste Anschlag nahe einer Synagoge im britischen Manchester zu Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag, habe viele Gemeindemitglieder schockiert.

Der Vorsitzende der Leipziger Gemeinde, Küf Kaufmann, sagte im Anschluss dem Evangelischen Pressedienst (epd), der Besuch des Bundespräsidenten an diesem Datum sei wichtig für jedes Gemeindemitglied. „Das ist ein positives Signal, dass wir nicht allein sind“, erklärte Kaufmann.

An dem Gespräch nahmen unter anderem auch der Gemeinderabbiner Zsolt Balla, der Holocaust-Überlebende Rolf Isaacson und eine junge Studentin der Universität Leipzig teil. Mit etwa 1.200 Mitgliedern ist die Israelitische Religionsgemeinde in Leipzig die zweitgrößte jüdische Gemeinde in Ostdeutschland nach Berlin.

Steinmeier besichtigte auch die Laubhütte der Leipziger Gemeinde. Mit dem Laubhüttenfest Sukkot feiert die jüdische Gemeinschaft jedes Jahr im Herbst Erntedank und erinnert zugleich an die Wüstenwanderung der Israeliten. Jüdinnen und Juden sind dazu aufgerufen, Hütten unter freiem Himmel zu errichten, darin zu essen, religiöse Texte zu sprechen und auch darin zu übernachten.

Bei dem Massaker am 7. Oktober 2023 wurden rund 1.200 Menschen in Israel getötet, mehr als 240 wurden in den Gaza-Streifen verschleppt. Der Angriff löste den Gaza-Krieg zwischen Israel und der Hamas aus, dem im Gaza-Streifen bislang Zehntausende Menschen zum Opfer fielen. In Leipzig waren für Dienstagabend mehrere Proteste mit Bezug zum Nahost-Konflikt angekündigt.