Rom (epd). Die Nummer zwei des Vatikans, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, hat das Handeln der internationalen Gemeinschaft bezüglich des Krieges in Gaza als unzureichend kritisiert. „Es reicht nicht aus, zu sagen, dass das, was geschieht, inakzeptabel ist, und dann weiterhin zuzulassen, dass es geschieht“, sagte er aus Anlass des Jahrestages des Angriffs der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 in einem Interview mit dem „Osservatore Romano“ (Montag). Es stellten sich zum Beispiel ernsthafte Fragen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit weiterer Waffenlieferungen, „die zum Nachteil der Zivilbevölkerung eingesetzt werden“.
Zum aktuell auf dem Verhandlungstisch liegenden Friedensplan von US-Präsident Donald Trump sagte Parolin: „Jeder Plan, der das palästinensische Volk in die Entscheidungen über seine Zukunft einbezieht und es ermöglicht, dieses Gemetzel zu beenden, die Geiseln zu befreien und das tägliche Töten von Hunderten von Menschen zu stoppen, ist zu begrüßen und zu unterstützen.“
Zum zweiten Jahrestag des Angriffs der Hamas auf Israel versicherte der Kardinalstaatssekretär den Familien der noch immer in Gaza festgehaltenen israelischen Geiseln seine Verbundenheit. Parolin sagte auch, dass die Lage in Gaza heute noch ernster und tragischer sei als noch im vergangenen Jahr. Er betonte, dass, wer angegriffen werde, das Recht habe, sich zu verteidigen. Aber auch die Selbstverteidigung müsse den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. „Leider hatte der daraus resultierende Krieg katastrophale und unmenschliche Folgen“, sagte Parolin.
Die Demonstrationen, mit denen Solidarität mit dem palästinensischen Volk ausgedrückt werden soll, begrüßte Parolin, vor allem die Teilnahme vieler junger Menschen. „Auch wenn diese Initiativen aufgrund der Gewalttaten einiger weniger Unruhestifter manchmal Gefahr laufen, in den Medien eine falsche Botschaft zu vermitteln“, fügte er hinzu. In Italien hatten Gewerkschaften am Samstag zu einem Generalstreik aus Solidarität mit Gaza aufgerufen. Bei einer Großdemonstration in Rom war es an diesem Tag zu Ausschreitungen gekommen.