Münchner Demo gegen Antisemitismus - Weimer: "Wir müssen handeln"

Münchner Demo gegen Antisemitismus - Weimer: "Wir müssen handeln"
Mehrere Hundert Demonstrierende sind am Sonntagnachmittag auf der Kundgebung "DACH gegen Hass" in München zusammengekommen. Sie forderten eine klare Haltung und effektive Maßnahmen gegen Antisemitismus in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

München (epd). Antisemitismus zu bedauern und antisemitische Vorfälle zu betrauern reicht nach Ansicht von Kulturstaatsminister Wolfram Weimer (parteilos) nicht aus. „Wir müssen handeln“, sagte der Beauftragte der Bundesregierung bei der Kundgebung „DACH gegen Hass“ am Sonntagnachmittag in München: „Weil wir Menschen sein sollten, wie Margot Friedländer uns zurief. Und deshalb verteidigen wir heute nicht nur die Rechte einer Minderheit - wir verteidigen die Werte der Gesamtheit.“ Nach Angaben der Polizei nahmen an der Versammlung mehrere Hundert Menschen teil.

Die bittere Wahrheit sei, so Weimer, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland wieder Angst haben, „und das ist unerträglich“. Antisemitismus sei kein Schatten der Vergangenheit, sondern „mitten unter uns. In unseren Straßen, in unseren Schulen und - ja, auch im Kulturbetrieb“. Kultur sei das Fenster in die Welt des Anderen und dürfe niemals zum Werkzeug der Ausgrenzung werden. Weimer kündigte an, in seinem Amt jüdisches Leben und jüdische Kultur „noch sichtbarer und in die Breite der Gesellschaft erlebbar“ zu machen.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte laut Redemanuskript, Antisemitismus sei seit dem 7. Oktober 2023 „lauter, aggressiver und sichtbarer“ geworden. Im DACH-Raum Deutschland (D), Österreich (A) und Schweiz (CH) erlebten Jüdinnen und Juden Anfeindungen und Angriffe. „Es ist derselbe Hass - nur mit wechselnden Kulissen.“ In allen drei Ländern müsse der Kampf gegen Antisemitismus entschlossener geführt werden: durch Bildung und eine Politik, die „jüdisches Leben wirksam schützt - mit klaren Gesetzen und verlässlichem Handeln von Polizei und Justiz“.

Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) bezeichnete die Demo als Zeichen dafür, dass „wir das Versprechen 'nie wieder' nicht halten konnten“. Der Judenhass mache sich immer breiter, auch in Bereichen der Mitte, in Kunst und Kultur, Politik, Hochschulen und Wissenschaft, NGOs. Antisemitismus sei die „Ur-Form der Menschenverachtung“ und habe zum größten Verbrechen der Menschheit geführt, so die Politikerin. Wo er vorkommt, sei früher oder später jeder der Nächste. „Wir tragen die größte Verantwortung, diesen Hass zu benennen, zu ächten und zu bekämpfen. Immer und überall!“

Mit deutlichen Worten bezogen auch der bayerische evangelische Landesbischof Christian Kopp und der Generalvikar der Erzdiözese München und Freising, Christoph Klingan, Stellung. Jede Form von Antisemitismus sei mit dem christlichen Glauben unvereinbar: Wer Jüdinnen und Juden angreife, „greift uns alle an“, sagte der Landesbischof laut Redemanuskript. Christen stünden „an der Seite unserer jüdischen Geschwister - heute und immer“.

Generalvikar Klingan forderte die Menschen auf, jeder offenen oder verdeckten Form von Antisemitismus „mit klarer Haltung, mit Zivilcourage, mit Solidarität“ entgegenzutreten. Der Hass auf Jüdinnen und Juden bedrohe die gesamte Gesellschaft und die Demokratie. Die Verantwortung aus der deutschen Geschichte gehe über Erinnerungsarbeit hinaus: „Sie ist Auftrag zum Handeln, hier und jetzt“, betonte Klingan.

Die Kundgebung „DACH gegen Hass“ wurde vom Münchner Hochschulprofessor Guy Katz initiiert. Sie versteht sich den Angaben zufolge als breites zivilgesellschaftliches Bündnis aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Zu den Unterstützenden zählen mehr als 200 Organisationen, die Deutsch-Israelische Gesellschaft sowie zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Gesellschaft. Schirmherrin der Kundgebung ist Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) München, zusammen mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU).