Rehlinger bedauert westdeutschen Umgang mit Ost-Lebensbiografien

Rehlinger bedauert westdeutschen Umgang mit Ost-Lebensbiografien

Saarbrücken (epd). Bundesratspräsidentin Anke Rehlinger (SPD) bewertet den westdeutschen Umgang mit den Lebensbiografien und mit den Brüchen im Leben von Menschen aus der ehemaligen DDR kritisch. „Wie ist denn das mit dem Respekt der Lebensleistung, wenn wir einfach immer sagen: Das war alles schlecht aus der Zeit, aus der ihr kommt“, sagte die saarländische Ministerpräsidentin am Freitagabend bei einer Podiumsdiskussion mit dem thüringischen Ministerpräsidenten Mario Voigt (CDU) zum Tag der Deutschen Einheit in Saarbrücken. „Wir meinen nicht, dass alles schlecht war in der DDR, aber dass natürlich eine Diktatur schlecht ist.“ Bei den Menschen sei jedoch der Eindruck entstanden, dass ein Teil ihres Lebensweges entwertet worden sei, räumte sie ein.

„Das haben wir insofern nicht gut gemacht und damit auch noch den Eindruck erweckt: So jetzt müsst ihr einfach nur werden wie der Westen und dann ist alles gut, dann seid ihr auch tolle Menschen“, kritisierte Rehlinger: „Das ist nicht sehr wertschätzend im Umgang miteinander.“ Auch habe Westdeutschland nicht richtig hingeschaut, welche sinnvollen Dinge es in der DDR gegeben habe. Dazu zählten etwa die Polikliniken, also medizinische Versorgungszentren, oder die besser aufgestellte Kinderbetreuung. „Wir haben irgendwie das ganze System einmal weggespült“, sagte Rehlinger. Dabei sei auch das weggeschoben worden, was gut gewesen sei. „Das war außerordentlich unsensibel.“

Thüringens Ministerpräsident Voigt erklärte, dass es in Westdeutschland noch „massiven Nachholbedarf“ mit Blick auf die Regionen im Osten des Landes gebe. „Jeder aus dem Osten war mindestens einmal im Westen“, sagte er. Andersrum sei das nicht der Fall. Viele wüssten eher die Flughafenverbindungen nach Mallorca als die Antwort auf die Frage, in welchem Bundesland Weimar liege. Voigt plädierte dafür, „offen und ganz entspannt“ darüber zu reden, was noch nicht stimmig sei. Um den Austausch zu fördern, könne es beispielsweise eine Partnerschaft zwischen einer Schule in Saarbrücken und einer in Weimar geben. „Wir müssen nicht die großen politischen Kanonen auffahren“, betonte er. „Es geht doch darum, dass Menschen zusammenkommen.“