Berlin, Frankfurt a.M. (epd). Direkte Gespräche zwischen Vertretern der Bundesregierung und den radikalislamischen Taliban in Afghanistan rücken laut mehreren Zeitungsberichten näher. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte der „Bild am Sonntag“, Beamte des Ministeriums würden im Oktober in die afghanische Hauptstadt Kabul reisen, um mit der international nicht anerkannten Taliban-Regierung über Abschiebungen zu verhandeln. Straf- und Gewalttäter sollen demnach künftig mit Linien- statt per Sonderflügen nach Afghanistan gebracht werden.
Für die SPD signalisierte unter anderem der Parlamentsgeschäftsführer der Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, in der „Rheinischen Post“ (Sonntag) Zustimmung: „Es ist richtig, dass es nach Afghanistan Abschiebungen von Straftätern und Gefährdern gibt.“ Zugleich machte der SPD-Politiker deutlich: „Die bisherigen Kontakte über Katar kann man mit den entsprechenden Stellen in Afghanistan intensivieren, ohne dabei offizielle diplomatische Beziehungen mit den Taliban aufzunehmen.“
Scharfe Kritik an Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) kam von der Linken-Fraktion. In der „Welt“ (online Sonntag/gedruckt Montag) erklärte deren außenpolitische Sprecherin Cansu Özdemir, Merz und Dobrindt hätten sich „in einen Überbietungswettbewerb mit der gesichert rechtsextremen AfD über Abschiebezahlen“ begeben und müssten daher „auch die Vertreter eines Terrorregimes verharmlosen und normalisieren“.
In der „Rheinischen Post“ ergänzte Linken-Fraktionsvize Clara Bünger, Ziel der Verhandlungen seien offenbar Abschiebungen „in ein Land, in dem Folter, öffentliche Hinrichtungen und Auspeitschungen an der Tagesordnung sind.“ Bünger warf der Bundesregierung aus CDU, CSU und SPD vor: „Wer solche Deals macht, macht sich mitschuldig.“ Die Taliban haben seit ihrer Machtübernahme 2021 vor allem die Rechte von Frauen und Mädchen massiv beschnitten.