Berlin (epd). Die von der Bundesregierung geplante Aktivrente für arbeitswillige und -fähige Rentnerinnen und Rentner steht offenbar bereits in wenigen Tagen auf der Tagesordnung des Kabinetts. Wie die „Bild“-Zeitung (Samstag) berichtete, werde das Bundeskabinett das Vorhaben voraussichtlich am 8. Oktober billigen. Eine Sprecherin des zuständigen Bundesfinanzministeriums bestätigte am Samstag auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) lediglich, ihr Haus werde „in Kürze seinen Gesetzentwurf vorlegen“.
Dem Zeitungsbericht zufolge soll der Bundestag spätestens Anfang Dezember über die Aktivrente im Paket mit Mütterrente und der Haltelinie von 48 Prozent beim Rentenniveau bis ins Jahr 2031entscheiden. Letzteres beschreibt die Relation zwischen einer Standardrente, die rechnerisch nach 45 Beitragsjahren mit durchschnittlichem Einkommen gezahlt wird, und dem Durchschnittseinkommen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.
Die politische Auseinandersetzung über die Aktivrente ging derweil weiter. Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, kritisierte das Vorhaben am Samstag mit deutlichen Worten. Der frühere Arbeitsminister und ehemalige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering unterstützte das Vorhaben der amtierenden schwarz-roten Bundesregierung hingegen.
Nach den Plänen der Bundesregierung sollen Rentnerinnen und Rentner dabei künftig 2.000 Euro im Monat steuerfrei hinzuverdienen dürfen. Welskop-Deffaa sagte der „Welt am Sonntag“: „Die Aktivrente ist mit etwa drei Milliarden Euro ein sehr teures Steuergeschenk für gut situierte Boomer.“ Es sei bereits jetzt so, dass Rentner bis zu 48.000 Euro pro Jahr hinzuverdienen könnten, ohne Kürzungen ihrer Rente hinnehmen zu müssen. Für die Chefin des katholischen Wohlfahrtsverbandes ist das „eine sehr großzügige Regelung, wenn man davon ausgeht, dass die Rente eine Lohnersatzleistung für eine Lebensphase ist, in der ich nicht mehr in der Lage bin, meine Existenz durch eigene Arbeit zu sichern“.
Welskop-Deffaa nannte die Aktivrente „unglaublich ungerecht“ und erläuterte: „Wenn sich ein rüstiger Akademiker mit guter Rente entscheidet, nebenher noch 2.000 Euro zu verdienen, muss er keine Steuern bezahlen. Eine Pflegekraft hingegen, die mit drei Kindern ihre Stelle etwas aufstockt, wenn die Kinder in der Tagesbetreuung gut versorgt sind, muss jeden zusätzlichen Euro voll versteuern.“ Das könne nicht richtig sein.
Müntefering erklärte dagegen in der „Süddeutschen Zeitung“ (Samstag), die Menschen starteten heute später ins Berufsleben, gingen aber spätestens mit 65 Jahren in Rente. Der frühere SPD-Chef und Ex-Arbeitsminister schlussfolgerte: „Das kann so überhaupt alles nicht funktionieren. Entweder die Leute müssen früher rein in den Job oder länger drinbleiben oder man bezahlt mehr ein oder es gibt weniger Geld.“
Wenn die Politik diese Entwicklung „laufen lässt, knallt das irgendwann“, warnte Müntefering: „Irgendeiner bezahlt das, im Zweifel die zukünftigen Generationen.“