Urteil: Kaffeeholen im Sozialraum kann Unfallschutz begründen

Urteil: Kaffeeholen im Sozialraum kann Unfallschutz begründen

Kassel (epd). Das Kaffeeholen in einem Sozialraum kann ausnahmsweise unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Stürzt eine Arbeitnehmerin dort wegen eines nass gewischten Bodens, habe sich eine besondere betriebliche Gefahr verwirklicht, die den Unfallversicherungsschutz begründen kann, urteilte am Mittwoch das Bundessozialgericht in Kassel. (AZ: B 2 U 11/23 R)

Damit erlitt die Klägerin, eine Verwaltungsangestellte bei einem Finanzamt in Osthessen, dem Gericht zufolge einen versicherten Arbeitsunfall. Wie jeden Tag wollte sich die Frau auch am 25. Februar 2021 an einem Getränkeautomaten im Sozialraum der Behörde einen Kaffee holen. Beim Betreten des Raums war der Boden feucht gewischt und nass. Ein Schild wies zwar auf die erhöhte Unfallgefahr hin, dennoch rutschte die Frau aus und erlitt bei ihrem Sturz einen Bruch des dritten Lendenwirbelkörpers. Den Sturz wollte sie sich von der Unfallkasse Hessen als versicherten Arbeitsunfall anerkannt haben.

Der Versicherungsträger lehnte das ab. Das Kaffeeholen stelle eine „eigenwirtschaftliche Tätigkeit“ dar, die nicht unter den Unfallversicherungsschutz falle. Nach ständiger Rechtsprechung sei ein Sturz in einer Kantine auch nicht unfallversichert. Das müsse dann auch für den Sozialraum auch gelten, sobald dessen Tür durchschritten werde.

Das Hessische Landessozialgericht gab der Klägerin recht. Denn die Nahrungsaufnahme diene der Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit. Das Bundessozialgericht urteilte ebenfalls, aber aus anderen Gründen, dass die Klägerin einen Arbeitsunfall erlitten hat.

Grundsätzlich stehe der Konsum von Genussmitteln zwar nicht unter Versicherungsschutz. Ausnahme: Der Kaffeekonsum dient aufgrund von Schläfrigkeit der Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit. Das sei hier aber nicht festgestellt worden.

Allerdings habe sich mit dem Sturz auf nassem Boden eine „besondere Betriebsgefahr“ verwirklicht, befand das Bundessozialgericht. Der Arbeitgeber habe die Getränkeversorgung in dem Sozialraum verortet, wo Beschäftigte sich auch untereinander austauschen können. Damit gehöre der Sozialraum generell zur Versicherungssphäre des Arbeitgebers.