Hilfsorganisationen: Völkermordvorwurf an Israel ist Ruf zum Handeln

Hilfsorganisationen: Völkermordvorwurf an Israel ist Ruf zum Handeln
Eine Untersuchungskommission der Vereinten Nationen wirft Israel Völkermord im Gaza-Streifen vor. Internationale Hilfsorganisationen sehen sich bestätigt und rufen die Weltgemeinschaft bei der UN-Vollversammlung in New York zum Handeln auf.

Berlin (epd). Die UN-Völkermordvorwürfe an Israel machen aus Sicht von internationalen Hilfsorganisationen ein dringendes Eingreifen der Weltgemeinschaft im Gaza-Streifen nötig. Wenn die Staats- und Regierungschefs in der kommenden Woche zur UN-Generaldebatte zusammenkämen, müssten sie dem Gründungsauftrag der Vereinten Nationen gerecht werden, heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Appell der Leitungen von mehr als 20 Hilfsorganisationen.

„Was wir in Gaza beobachten, ist nicht nur eine beispiellose humanitäre Katastrophe, sondern, wie die UN-Untersuchungskommission nun festgestellt hat, Völkermord“, heißt es in dem Schreiben, das unter anderem die Vorsitzenden und Präsidenten von „Ärzte ohne Grenzen“, Oxfam, Care und „Save the Children“ unterzeichneten. Die Unmenschlichkeit der Lage in Gaza sei unfassbar. Die Hilfsorganisationen vor Ort seien seit Längerem direkte Zeugen von Tod und Leid. „Unsere Warnungen blieben ungehört, und Tausende weitere Leben stehen auf dem Spiel“, warnen die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner.

Angesichts der neuen israelischen Massenvertreibungen aus Gaza-Stadt stehe die Küstenregion am Rande „einer noch einmal tödlicheren Phase“. Gaza werde vorsätzlich unbewohnbar gemacht. Schon jetzt seien rund 65.000 Menschen in dem palästinensischen Gebiet getötet worden, darunter mehr als 20.000 Kinder. Tausende weitere würden vermisst und seien vermutlich unter Trümmern begraben. Neun Zehntel der gut zwei Millionen Einwohner seien vertrieben worden, viele davon mehrfach, mehr als eine halbe Million Menschen litten Hunger.

Dennoch bleibe die Weltgemeinschaft tatenlos, beklagen die Hilfsorganisationen. Die Regierungen müssten endlich handeln, um die Vernichtung des Lebens im Gaza-Streifen zu verhindern und Gewalt und Besatzung zu beenden. Alle Parteien müssten sich gegen Gewalt gegen die Zivilbevölkerung stellen und das Völkerrecht einhalten. Dazu müssten die Staaten alle ihnen zur Verfügung stehenden politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Instrumente nutzen. „Rhetorik und Halbherzigkeit reichen nicht aus“, heiß es in dem Schreiben. „Dieser Moment erfordert entschlossenes Handeln.“

Laut den am Dienstag veröffentlichten Ergebnissen einer UN-Untersuchungskommission für die Region verübt Israel im Gaza-Streifen Völkermord an den Palästinenserinnen und Palästinensern. Die Ermittler unter Vorsitz der südafrikanischen Juristin Navi Pillay kamen zu dem Schluss, dass die israelischen Behörden und Sicherheitskräfte vier der fünf in der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Genozids definierten Völkermordhandlungen begangen haben. Aus Erklärungen israelischer ziviler und militärischer Behörden sowie aus dem Verhaltensmuster der Sicherheitskräfte gehe hervor, dass die „Völkermordhandlungen mit der Absicht begangen wurden, die Palästinenser im Gaza-Streifen als Gruppe ganz oder teilweise zu vernichten“, erklärte die Kommission.

Israel wies die Anschuldigungen umgehend als gefälscht zurück. Der Bericht beruhe auf Unwahrheiten der Hamas, die von anderen wiederholt und aufgegriffen worden seien.