Brüssel (epd). Die EU-Kommission hat den Ratifizierungsprozess für das umstrittene Abkommen mit dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur eingeleitet. Am Mittwoch nahm sie den Vertragstext offiziell an und legte ihn dem Rat der Europäischen Union vor.
„Das Abkommen geht weit über Handelsfragen hinaus“, betonte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas in Brüssel. „Es ist ein Beispiel für das Engagement der EU, Allianzen zu schmieden, die beide Seiten stärken.“
Im nächsten Schritt müssen der Rat der EU - also die Mitgliedstaaten - und das Europäische Parlament zustimmen. Die Kommission hofft, das Verfahren noch in diesem Jahr abschließen zu können.
Die Verhandlungen laufen seit rund 25 Jahren. 2019 erzielten beide Seiten eine politische Grundsatzeinigung, im Dezember 2024 wurden die Gespräche offiziell für beendet erklärt. Das Abkommen soll die weltweit größte Freihandelszone schaffen und einen Markt mit mehr als 700 Millionen Verbraucherinnen und Verbrauchern umfassen.
Um den Prozess zu beschleunigen, hat die Kommission das Abkommen in zwei Teile aufgeteilt - ein Vorgehen, das umstritten ist. Der reine Handelsbereich liegt in ausschließlicher EU-Zuständigkeit und kann daher allein durch Ministerrat und Parlament ratifiziert werden. Dafür genügt im Rat eine qualifizierte Mehrheit: 55 Prozent der Mitgliedstaaten, die zugleich mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. Einstimmigkeit ist nicht erforderlich.
Der politische Teil des Abkommens - etwa zu Menschenrechten, Umwelt- und Sozialstandards - gilt dagegen als „gemischtes Abkommen“ und muss zusätzlich von allen nationalen Parlamenten ratifiziert werden. Sollten große Mitgliedstaaten wie Frankreich, Italien oder Polen hier blockieren, könnte die Strategie der Kommission ins Stocken geraten.
Während CDU und FDP auf eine rasche Ratifizierung drängen, kommt deutliche Kritik von Linken und Grünen.
„Ursula von der Leyen übergeht die nationalen Parlamente mit einem verfahrensrechtlichen Trick. Damit unterläuft sie die ursprünglich vorgesehene demokratische Kontrolle“, erklärte Martin Schirdewan (Linke). „Dem EU-Parlament kommt nun die entscheidende Rolle zu. Es kann dieses umwelt- und gesundheitsschädliche Abkommen noch stoppen.“
„Die Mercosur-Länder sind wichtige Partner für die EU, gerade in Zeiten von Trump“, erklärte die handelspolitische Sprecherin der Grünen im Europaparlament, Anna Cavazzini. Trotz Nachbesserungen fehlten aber durchsetzbare Vorgaben zu Menschenrechten und Nachhaltigkeit. Das Abkommen könne etwa zu mehr Entwaldung führen. „Pestizide, die in Europa verboten sind, Verbrennerautos, die hier auslaufen - das Mercosur-Abkommen ist ein Paradies für nicht-nachhaltige Produkte.“
Auch „Brot für die Welt“ warnt, das Abkommen gefährde Regenwälder, Artenvielfalt, Klima und Menschenrechte. „Man muss es deutlich sagen: Das EU-Mercosur-Abkommen ist ein Rückschritt für die Menschenrechte, den Klimaschutz und die südamerikanische Wirtschaft. 'Partnerschaftsabkommen' ist daher ein Etikettenschwindel für einen Vertrag, der die ökonomische Kluft zwischen der EU und Mercosur nur vertiefen wird.“
An den Einfuhrvorschriften der EU für Gesundheit und Pflanzenschutz ändert das Abkommen in Europa nichts.