Über Leben mit Tier
Mit ihrer Sammlung kurzer Essays versucht die Autorin sich der Beziehung des Tieres zum Menschen anzunähern.
Eindringlich und berührend, bisweilen ernüchternd und ohne jegliche Sentimentalität widmet sich die bekannte Autorin mit ihrem zweiten Band der Minutenessays dem Tier als ein selbstbestimmtes, fühlendes und leidendes Wesen auf Augenhöhe. In ihrer Textsammlung vereint sie persönliche Erlebnisse und Beobachtungen mit gesellschaftlichen, geschichtlichen, literarischen oder philosophisch inspirierten Gedanken, die das Tier in den Mittelpunkt stellen. Da geht es um die kluge Heuchelei eines alten Hundes, der sowieso nicht mehr wildern kann und dafür gelobt wird, es geht um den Pudel von Gertrude Stein und dessen notwendige Reinrassigkeit in der NS-Zeit, um durstende Singvögel, die die Erde verlassen oder um die Hoffnung, dass der Krieg die Käfige der Tiere zerstört, damit diese fliehen können. Und es geht auch immer um den Menschen und sein Verhältnis zum Tier und zu sich selbst.
Mit melancholischen, pointierten Texten und intelligentem Humor lädt das kleine Büchlein zum gemächlichen Lesen ein, weil es viele eigene Gedanken freilegen kann.
Natascha Rothert-Reimann
Hacker, Katharina: Über Leben mit Tier. Katharina Hacker. Berlin: Berenberg 2023. O. Pag. ; 19 cm. ISBN 978-3-949203-51-0, geb.: 20,00 €
Hase und ich
Was passiert, wenn eine vielbeschäftigte kluge Frau im ländlichen England einen verlassenen neugeborenen Feldhasen findet.
C. Dalton ist weit gereist, gebildet, engagiert im Beruf und - erzwungen durch die Pandemie - für Monate aus London in ihr abgelegenes Cottage umgezogen - und völlig unvorbereitet auf ihre plötzliche Aufgabe, ein kleines wildes Tier am Leben zu halten. Welche Milch/Nahrung könnte geeignet sein und wie bekommt man sie in das kleine Wesen hinein, was ist artgerecht? Dalton widmet sich der Aufgabe mit Gründlichkeit, Sorgfalt, Verstand und Empathie. Über Monate gelingt es ihr nicht nur den jungen Hasen zu versorgen, sondern ihm auch den nötigen Freiraum zu gewähren. Bewusst verzichtet die Autorin darauf, dem Tier einen Namen zu geben. Sie wahrt Distanz und wirft durch eingehende Recherchen ein neues Licht auf das meist als Jagdobjekt beschriebene Tier. Ausgewachsen und selbständig kehrt Hase immer wieder zurück. Das gewachsene Vertrauen zeigt sich, als die Häsin ihre beiden Jungen im Haus gebiert. Ein Glück, dass Dalton all das sachkundig, poetisch und mit zahlreichen Verweisen auf Mythologie und Dichtung erzählt. Und sie offenbart, dass eine neue Ruhe in ihr Leben getreten ist.
Wer den Hasen einmal nicht als Jagdobjekt, sondern in seiner neu zu entdeckenden Natur kennenlernen möchte und sich auf eine besondere Art der Tierbeobachtung einlassen kann, findet hier sein Glück.
Gabriele Kassenbrock
Dalton, Chloe: Hase und ich. Die Geschichte einer außergewöhnlichen Begegnung. Chloe Dalton. Dt. von Claudia Amor. Stuttgart: Klett-Cotta 2025. 298 S. ; 21 cm. Aus d. Engl. ISBN 978-3-608-96638-1, geb.: 22,00 €
Pearly Everlasting
Ein Mädchen und ein Bär wachsen als Geschwister auf.
Die Romanhandlung beginnt 1918, als in einem abgelegenen Waldarbeitercamp in den Wäldern im Osten Kanadas die Titelfigur, das Mädchen Pearly Everlasting, geboren wird. Sie lebt von Anfang an zusammen mit einem verwaisten Schwarzbärenjungen, das, einer wahren Begebenheit folgend, sogar von Pearlys Mutter gestillt wird. Seitdem sind sie unzertrennlich. Eine Entführung des Bären viele Jahre später und sein Verkauf an einen Tierhändler setzt eine Kaskade von Ereignissen und eine Verlagerung der Handlung in besiedeltere Regionen in Gang. Die Autorin hat in Literatur und Critical Animal Studies promoviert und überschreitet bei aller Nähe zwischen Protagonistin und Bär die Grenze zur Vermenschlichung des Wildtiers nicht. Ihr dritter Roman reflektiert am Beispiel des Lebens am damaligen Rand der Zivilisation das Mensch-Umwelt-Verhältnis. Der sprachlich unkomplizierte, aber attraktive Text ist gut gegliedert. Geschickt wird immer wieder die Erzählperspektive gewechselt.
Für alle, die gerne mal in Welt der nordamerikanischen Wälder vor 100 Jahren eintauchen wollen. Auch für Krankenhausbüchereien gut denkbar.
Tobias Behnen
Armstrong, Tammy: Pearly Everlasting. Roman. Tammy Armstrong. Dt. von Peter Torberg. Zürich: Diogenes 2025. 367 S. ; 19 cm. Aus d. kanad. Engl.
ISBN 978-3-257-07339-3, geb.: 25,00 €
Das Glück ist grau
Die Geschichte der Rettung des vernachlässigten Esels Sherman.
Christopher McDougall ist ehemaliger Kriegsberichterstatter und heute Bestseller-Autor. Er lebt zusammen mit seiner Familie und einer breiten Palette an verschiedensten Tieren im ländlichen Lancaster County in direkter Nachbarschaft zu den Amischen Gemeinden. In "Das Glück ist Grau" erzählt McDougall die berührende Geschichte seines kleinen Esels Sherman. Dieser war lange Zeit bei einem sogenannten Tierhorter untergebracht und extrem vernachlässigt als McDougall und seine Familie ihn vorerst probeweise aufnehmen. Zunächst ist nicht klar, ob Sherman durchkommt, da er durch seine bisherigen Haltungsbedingungen körperlich und seelisch stark mitgenommen und traumatisiert ist. Doch zum Glück gibt es da noch den aufgedrehten Ziegenbock Lawrence, der Sherman unerwartet als erster aus seiner Dunkelheit heraus lockt. Jetzt braucht Sherman nur noch eine Aufgabe, um neuen Lebensmut zu schöpfen. Ob wohl ein Eselrennen mit Sherman machbar ist? Eine sehr humorvolle Erzählung begleitet von beeindruckenden wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Verbindung von Mensch und Tier.
Ein lustiger und wunderschöner Roman, der einem das Herz (für Esel) aufgehen lässt. Besonders geeignet für Tier- und Naturfreund*innen.
Rosa Bömelburg
McDougall, Christopher: Das Glück ist grau. Christopher McDougall. Dt. von Simone Jakob u. Anne-Marie Wachs. Köln: DuMont 2020. 415 S. ; 21 cm.
Aus d. Engl. ISBN 978-3-8321-8118-5, geb.: 22,00 €
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