Anklage wegen Angriff auf Gedenkstätte in Hannover

Anklage wegen Angriff auf Gedenkstätte in Hannover
Beschuldigter unter Auflagen aus Untersuchungshaft entlassen
Ein Angriff auf eine Gedenkstätte für jüdische NS-Opfer, Waffen und Drogen in der Wohnung: Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen einen bekannten Rechtsextremisten. Aus der Untersuchungshaft kam der Mann unter Auflagen und gegen Kaution frei.

Hannover (epd). Im Fall des Angriffs auf die Gedenkstätte Ahlem für jüdische NS-Opfer in Hannover hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen einen 26-Jährigen erhoben, der im Mai in Budapest festgenommen wurde. Bei einer Wohnungsdurchsuchung seien unter anderem Verstöße gegen das Waffengesetz festgestellt worden, für die eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren verhängt werden könne, sagte Staatsanwältin Kathrin Söfker am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Beschuldigte wurde am 10. Juli unter Auflagen des Amtsgerichts Hannover und gegen eine Kaution aus der Untersuchungshaft entlassen. (Az: 209LS83/25)

Bereits bekannt ist, dass es sich bei dem Mann um einen bekannten Rechtsextremisten aus Hannover handelt, der schon in der Vergangenheit durch politisch motivierte Straftaten aufgefallen ist. Bei einer Wohnungsdurchsuchung nach der Tat habe die Polizei auch eine vollautomatische Maschinenpistole mit Munition gefunden, sagte Söfker. Dabei handele es sich um einen Verbrechenstatbestand, deshalb gelte dafür die höchste Strafandrohung bei den Vorwürfen, die ihm gemacht würden.

Die Polizei habe zudem ein nach dem Waffengesetz verbotenes Springmesser, eine Schreckschusspistole - deren Besitz ihm von der zuständigen Waffenbehörde bereits im Jahr 2024 untersagt worden war - und Betäubungsmittel sichergestellt. Bei einem Strafmaß von bis zu zwei Jahren könnte die Strafe laut Staatsanwaltschaft auch auf Bewährung ausgesetzt werden.

Im Zusammenhang mit den Verwüstungen an der Gedenkstätte werde dem Mann Sachbeschädigung vorgeworfen, sagte Söfker. Der 26-Jährige soll am 29. Januar Blumenkränze beschädigt haben, die anlässlich des Holocaust-Gedenktages am 27. Januar in der Gedenkstätte niedergelegt worden waren. Videoaufzeichnungen brachten die Ermittler auf die Spur des Mannes und sie durchsuchten daraufhin die Wohnung. Er wurde nach Darstellung von Staatsanwältin Söfker seit März per internationalem Haftbefehl gesucht, im Mai in Budapest festgenommen und nach Niedersachsen überstellt, wo er in Untersuchungshaft kam.

Bei einem Verstoß gegen Auflagen könnte der Beschuldigte erneut in Untersuchungshaft kommen, sagte Söfker. Die Staatsanwaltschaft hatte gegen die Entscheidung des Amtsgerichts eine Beschwerde eingereicht, die vom Landgericht Hannover jedoch als unbegründet verworfen wurde. Die Anklage wird vor dem Schöffengericht verhandelt.

In den Räumen der heutigen Gedenkstätte richteten die Nationalsozialisten 1941 eine Sammelstelle für Juden ein, die in die Vernichtungslager in Osteuropa deportiert werden sollten. Davor befand sich dort eine „Israelitische Gartenbauschule“. Dort wurden seit 1893 junge jüdische Männer in Gartenbau und im Handwerk ausgebildet, ab 1903 auch Frauen in Hauswirtschaft. 1943 zog eine Dienststelle der Gestapo für Zwangsarbeiter in die Räume ein. Zudem entstanden eine Hinrichtungsstätte und ein Polizeigefängnis. Die Gedenkstätte erinnert seit 1987 an die Geschichte des Ortes.