Düsseldorf, Solingen (epd). Der Prozess um den mutmaßlich islamistisch motivierten Messerangriff von Solingen mit drei Toten und mehreren Verletzten neigt sich dem Ende zu: Am Dienstag wurde in dem Verfahren am Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf die Beweisaufnahme geschlossen. Zuvor attestierte ein psychiatrischer Gutachter dem 27-jährigen syrischen Angeklagten volle Schuldfähigkeit. Am Mittwoch sollen der Generalbundesanwaltschaft und die Nebenklage-Vertreter ihre Plädoyers halten. Kommenden Dienstag folgen die Plädoyers der Verteidigung, am 10. September könnte dann das Urteil verkündet werden.
Der Angeklagte Issa al H. hatte die Tat bereits zum Prozessauftakt im Mai gestanden. Laut dem psychologischen Sachverständigen handelte er bei dem Messerangriff auf Besucher des Solinger Stadtfests vorsätzlich und planvoll. Zugleich bescheinigte der Gutachter dem Angeklagten einen niedrigen Intelligenzquotienten von 71, das mindere aber nicht die Schuldfähigkeit.
Bei dem Anschlag beim „Festival der Vielfalt“ zum 650-jährigen Bestehen der Stadt Solingen waren am 23. August 2024 eine Frau und zwei Männer im Alter von 56 und 67 Jahren getötet worden. Acht Menschen wurden durch Messerstiche verletzt, bei zwei weiteren wurde die Kleidung beschädigt.
Am Dienstag stellten zwei Vertreter der Nebenklage sechs sogenannte Adhäsionsanträge, um in dem Strafprozess für die Verletzten Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 bis 200.000 Euro zu erhalten. Da der Angeklagte die Forderung in dem Verfahren anerkannte, wird das Gericht den Anträgen der Nebenklage folgen, kann allerdings die Höhe des Schmerzensgeldes selbst festlegen. Nach Angaben von Simon Rampp, der in dem Prozess fünf Geschädigte der Tat und drei Hinterbliebene vertritt, handelt es sich dabei aber um eine „symbolische Summe“, da man nicht erwarte, dass der Angeklagte das Geld auch zahlen könne.
Die Anklage der Bundesanwaltschaft lautet auf dreifachen Mord, zehnfachen versuchten Mord sowie Mitgliedschaft in der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS). Die Anklage geht bei der Tat von einer terroristischen Motivation aus. Issa al H., der als Asylbewerber nach Deutschland kam, habe die Opfer als Repräsentanten der von ihm abgelehnten westlichen Gesellschaftsform angesehen. An ihnen habe er Vergeltung für militärische Aktionen westlicher Staaten üben wollen.
Zum Auftakt des Prozesses hatte die Bundesanwaltschaft angekündigt, für den Angeklagten die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe und Sicherungsverwahrung zu beantragen. Der 5. Strafsenat des OLG will zudem nach eigenen Angaben auch über die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld entscheiden. Eine frühzeitige Entlassung des Angeklagten nach einer möglichen Verurteilung zu lebenslanger Haftstrafe wäre dann nicht mehr möglich.