Urteil: Arbeitsvertrag kann Verfall gesetzlichen Urlaubs ausschließen

Urteil: Arbeitsvertrag kann Verfall gesetzlichen Urlaubs ausschließen

Erfurt (epd). Der Verfall des gesetzlichen Mindesturlaubs bei einer langen Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit kann per Arbeitsvertrag ausgeschlossen werden. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil. (AZ: 9 AZR 198/24) entschieden. Vor Gericht ging es um die Frage, ob die Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie Deutschland (AVR-DD) von einem diakonischen Unternehmen zwingend angewendet werden müssen.

Obwohl diese kirchlichen Bestimmungen einen Verfall des Urlaubs ab einer bestimmten Frist vorsehen, kann eine diakonische Einrichtung im Arbeitsvertrag bei Vorliegen einer Langzeiterkrankung dennoch davon abweichen, entschied das Gericht.

Die Klägerin arbeitete vom 1. Januar 2010 bis zum 30. Juni 2023 als Pflegekraft in einer diakonischen Einrichtung. Für das Arbeitsverhältnis galten die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche Deutschlands und nach deren Umbenennung die AVR-DD. Im Arbeitsvertrag wurde vereinbart, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch nicht verfällt, wenn die Arbeitnehmerin den Urlaub wegen einer nachgewiesenen krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit nicht nehmen kann.

Die AVR-DD sahen dagegen einen Verfall des gesetzlichen Mindesturlaubs spätestens 15 Monate nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres vor. Die 15-Monatsfrist geht auf die Rechtsprechung des BAG zurück.

Als die Klägerin vom 31. Juli 2015 bis zur Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses am 30. Juni 2023 durchgehend krank war, verlangte sie von der diakonischen Einrichtung die Abgeltung ihres nicht genommenen gesetzlichen Mindesturlaubs. Im Streit standen zuletzt noch 16.908 Euro für 144 nicht genommene Urlaubstage.

Sowohl das Landesarbeitsgericht Düsseldorf als nun auch das BAG gaben der Frau recht. Zwar sei im Arbeitsvertrag auch auf die AVR-DD Bezug genommen worden, so das BAG. Die arbeitsvertragliche Regelung, die keinen Verfall des gesetzlichen Urlaubs bei langandauernder Erkrankung vorsieht, habe die AVR-DD aber verdrängt. Der „verständige Arbeitnehmer“ habe die Regelung „als soziales Zugeständnis eines christlichen Arbeitgebers an seine Mitarbeiter“ auffassen dürfen, so das Gericht.

Die Arbeitsvertragsregelung sei auch nicht unwirksam, nur weil sie gegen die Satzung des Diakonischen Werkes verstoße. Hier habe die diakonische Einrichtung unter Berücksichtigung ihres Selbstverwaltungs- und Selbstbestimmungsrechts bei Vorliegen „besonderer Umstände“ von einer abweichenden Vertragsgestaltung Gebrauch gemacht.