Sollte man das Missionieren abschaffen?

Bibel wird von Person zu Person überreicht im Gegenlicht
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Die Diskussionen zum Missionierung sind oft kontrovers, aber alle sind sich einig: Niemandem sollte eine fremde Meinung übergestülpt werden.
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Sollte man das Missionieren abschaffen?
Vereinnahmend, kolonial, kulturell übergriffig, aber auch diakonisch, weltoffen und engagiert – mit all diesen Adjektiven beschreiben Menschen, je nach Kontext, Mission und wie sie sie wahrnehmen. Diese Aufzählung offenbart eine Kontroverse, und es wird klar: Es ist kompliziert. Und persönlich. Auch für mission.de-Redakteurin Kirsten Wolandt.

Mission abschaffen? Man sollte meinen, diese Frage wäre inzwischen beantwortet. So oder so. Trotzdem scheiden sich an der Frage die Geister. In einer zunehmend kirchenfernen und säkularen Gesellschaft wie der unsrigen in Deutschland ist "Mission" schwer vermittelbar. Im außereuropäischen Kontext hingegen scheint der Begriff für das eigene Kirchen- und Selbstverständnis unverzichtbar zu sein.

Die Diskussionen zum Thema sind oft kontrovers, aber manches ist wohl doch Konsens: Niemandem eine fremde Meinung überstülpen zu wollen. Oder auch, dass Mission seit dem 15. Jahrhundert nicht von kolonialem Denken zu trennen ist. Trotzdem bleibt der Begriff schillernd, nicht nur, weil er immer noch zu oft evangelistisch missbraucht wird.

Es gibt keine allgemein verbindliche Definition dafür, was Mission ist. In der Bibel taucht der Begriff gar nicht auf – und vielleicht muss man dann auch nicht so darum kämpfen. Anstatt um den Begriff zu streiten, sollten wir uns mehr auf die Inhalte konzentrieren, was also mit "Mission" gemeint sein könnte.

Wenn Jesus in Matthäus 28 den Jüngern aufträgt, andere in die Gemeinschaft der Lernenden aufzunehmen, dann sind alle gemeinsam Lernende, dann gibt es kein Macht- oder Wissensgefälle, keine Trennung zwischen "uns" und "denen".

Begegnen, teilen und aufeinander einlassen

Es gehört zum Wesen des Glaubens, sich mitzuteilen und sich mit anderen auszutauschen. Das kann funktionieren, wenn wir einander mit echtem Interesse begegnen und Andere nicht als Objekte unseres Handelns sehen. Haltungen wie Anteilnahme, in-Beziehung-Sein, Mitleiden spielen da eine Rolle. Die frühen Apostel haben mit Anderen geteilt, was sie selbst erlebt haben, und sie haben sich auf die Lebenswelten derer eingelassen, denen sie begegneten.

Das hat alle Beteiligten verändert, sicherlich auch ihren Glauben. Die Apostel haben nicht aus einer Position der Stärke agiert, sondern der Schwachheit. Dabei waren Leiden und Sterben als mögliches Ende ihrer Aktivitäten immer im Blick. Es geht nicht um Missionsstrategien oder Zielvorgaben (auch nicht der Mitgliedergewinnung und des Kirchenwachstums), sondern darum, mit anderen unterwegs zu sein.

 

Nicht jede:r muss dasselbe unter "Mission" verstehen, nicht jede:r muss das Wort überhaupt benutzen. Und wer das Wort vermeidet, ist deswegen nicht ein:e schlechtere:r Christ:in. Mein eigener Glaube ist gewachsen durch Begegnungen mit anderen Menschen, christlichen und nicht christlichen. Manche Lebensentscheidungen hätte ich ohne meinen Glauben vermutlich anders getroffen. Das kann ich mit Anderen teilen. Aber ich selbst würde es nie Mission nennen.

evangelisch.de dankt der Evangelischen Mission Weltweit und mission.de für die inhaltliche Kooperation.