Solingen (epd). Am ersten Jahrestag des Messerangriffs von Solingen hat Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) die Menschen zum Zusammenhalt aufgerufen. Der islamistisch motivierte Anschlag vom 23. August 2024 habe nicht nur einzelnen Menschen gegolten, sondern sei auch ein Angriff auf Freiheit, Vielfalt und die Lebensweise einer offenen Gesellschaft gewesen, sagte er am Samstag auf dem Fronhof, dem damaligen Tatort in der Solinger Innenstadt. „Das Attentat traf Solingen - aber gemeint waren wir alle in NRW und in Deutschland.“
Doch die Menschen hätten sich nicht einschüchtern lassen: „Wir halten zusammen und wir werden weiter das Leben in Vielfalt feiern, gerade weil man es uns nehmen wollte“, sagte Kurzbach. „Wir werden weiter lachen, wir werden weiter feiern, wir werden weiterhin offen sein.“ In den vergangenen Wochen seien in Solingen „unter neuen Sicherheitsauflagen, mit mehr Wachsamkeit, mit mehr Verantwortungsbewusstsein“ wieder mehrere Feste und eine große Sommerparty in der Innenstadt gefeiert worden. „Wir brauchen die Begegnung, wir brauchen die Freude, wir brauchen einander“, sagte Kurzbach. Er forderte Gäste auf: „Kommen Sie nicht nur nach Solingen, wenn wir trauern. Kommen Sie auch, wenn wir feiern.“
Der mutmaßliche syrische Islamist Issa al H. hatte am 23. August 2024 beim Solinger Stadtfest eine Frau und zwei Männer im Alter von 56 und 67 mit einem Messer getötet und acht Besucher verletzt, mehrere von ihnen lebensgefährlich. Kurzbach versicherte den Angehörigen, Verletzten und weiteren Betroffenen, sie seien in ihrer Trauer nicht allein: „Heute verneigen wir uns vor den Opfern. Wir halten die Erinnerung an sie lebendig. Wir versprechen, für die Angehörigen und Betroffenen da zu sein. Wir verpflichten uns, wachsam zu bleiben, wo immer Menschen Unterstützung brauchen.“
Der Oberbürgermeister dankte allen Menschen, die in der Tatnacht und in der Zeit danach Menschlichkeit, Hilfsbereitschaft und Mut bewiesen hätten. Unter anderem nannte er Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste, Ärzte und Pflegekräfte sowie Seelsorgerinnen und Seelsorger. Kritik äußerte Kurzbach an Hass und Hetze im Internet und in einzelnen Medien nach dem Anschlag. Sie hätten den Anschlag „für sich ausnutzen“ wollen, sagte er mit Blick auf rechtspopulistische Chats und Medienberichte.
Die Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Solingen, Ilka Werner, griff bei der Gedenkfeier in einem geistlichen Impuls Erinnerungen, Gefühle und Hoffnungen von Menschen aus Solingen auf. „Wir halten inne zwischen Erinnerung und Zukunft“, sagte sie. Die Stadt feiere wieder und gedenke zugleich der Getöteten und Verletzten. Werner nannte auch die Anschlagsorte Magdeburg, Aschaffenburg und Mannheim und fügte hinzu: „Lösungen sind nicht da. Aber wir suchen danach, gemeinsam, hartnäckig. Um des Friedens willen. Weil wir Frieden brauchen für unser Leben.“