Köln (epd). Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat die Bundesregierung für ihren Umgang mit schutzsuchenden Afghanen in Pakistan kritisiert. „Rhetorik und Handeln der Bundesregierung stehen in einem sehr eklatanten und zynischen Widerspruch“, sagte der stellvertretende Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, Christian Mihr, am Samstag im Deutschlandfunk.
Außenminister Johann Wadephul (CDU) hatte den Afghaninnen und Afghanen aus den Aufnahmeprogrammen der Bundesregierung am Freitag erneut Hilfe zugesichert. Mihr kritisierte, es würden aber keine entsprechenden Maßnahmen getroffen. So gebe es in Pakistan nicht ausreichend Personal, um die Programme abzuwickeln.
In den vergangenen Tagen war bekannt geworden, dass die pakistanischen Behörden schutzsuchende Afghaninnen und Afghanen trotz deutscher Aufnahmezusagen in deren Heimatland abschieben. Da Deutschland keine diplomatische Vertretung in Afghanistan hat, werden die Aufnahmeverfahren über Pakistan abgewickelt.
Mihr sagte, bei Aufnahmen handele es sich um einen Verwaltungsakt. Die Zusagen könnten „nicht einfach zurückgenommen werden, wenn sich das politische Klima ändert“. Bereits seit Mai vergangenen Jahres seien de facto keine Aufnahmezusagen mehr erteilt worden. Deshalb trage auch die frühere Ampel-Koalition Verantwortung.
Das Auswärtige Amt hat erklärt, allen, die bereits nach Afghanistan abgeschoben wurden, solle eine Rückkehr nach Islamabad ermöglicht werden. Ebenso bemühe sich das Minsterium um die Freilassung von gefährdeten Afghaninnen und Afghanen, die durch die pakistanischen Behörden festgenommen wurden. In den vergangenen Tagen sollen mehrere Hundert Personen inhaftiert und Dutzende nach Afghanistan abgeschoben worden sein.
Nach der erneuten Machtübernahme der Taliban vor vier Jahren hatte Deutschland mehrere Charterflüge über Pakistan organisiert, auch für ehemalige Ortskräfte deutscher Institutionen. Die Bundesregierung aus Union und SPD will die Aufnahmeprogramme jedoch „soweit wie möglich“ beenden und hat die Einreisen derzeit ausgesetzt.
Pro Asyl und das Patenschaftsnetzwerk Ortskräfte haben nach eigenen Angaben Strafanzeige gegen Außenminister Wadephul und Innenminister Alexander Dobrindt (SCU) wegen unterlassener Hilfeleistung gestellt.