Berlin (epd). Der Abschlussbericht des Forschungsprojekts „Elsa“ über die Versorgungslage ungewollt schwangerer Frauen lässt erneut Forderungen nach einer Änderung des Abtreibungsrechts laut werden. Es sei wichtig, „dass Menschen in dieser Situation bestmöglich unterstützt werden“, erklärte die Bundesvorsitzende des Verbands pro familia, Monika Börding, am Donnerstag. „Der 'Elsa'-Abschlussbericht zeigt: Das ist in Deutschland nicht der Fall“, konstatierte sie. Politikerinnen der Grünen erneuerten ihre Forderung nach einer Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen, um die Versorgungslage zu verbessern. Anders sehen es die Beratungsstellen von donum vitae.
Das Bundesgesundheitsministerium hatte am Mittwoch den Abschlussbericht des Forschungsprojekts veröffentlicht. Er fußt unter anderem auf einer repräsentativen Befragung von Frauen. Zentrale Ergebnisse sind, dass sich Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch hatten, in der überwiegenden Mehrheit stigmatisiert fühlen, und dass die Versorgung für ungewollt Schwangere, die abtreiben wollen, regional weiter sehr unterschiedlich und oftmals eher schlecht ist.
Auf dem Weg zum Schwangerschaftsabbruch seien vier von fünf Frauen auf mindestens eine Barriere gestoßen, heißt es in der Zusammenfassung der Studie. Neben dem Zugang zu medizinischer Versorgung werden den Angaben zufolge auch Zeitdruck und Schwierigkeiten bei der Organisation der Abtreibung gezählt.
Die Studie schlussfolgert aus den Ergebnissen, dass es wichtig sei, „auf der Grundlage einer Liberalisierung und Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs das gesellschaftliche Klima so zu verändern, dass der Schwangerschaftsabbruch als Teil der Lebensrealität respektiert und wahrgenommen wird“. Die Autorinnen und Autoren empfehlen auch einen Wegfall der Beratungspflicht und der Wartezeit zwischen Beratung und Abtreibung.
Schwangerschaftsabbrüche sind in Deutschland grundsätzlich rechtswidrig, werden aber nicht bestraft, wenn die Schwangerschaft durch eine Vergewaltigung verursacht wurde oder Gesundheit oder gar das Leben der Mutter in Gefahr sind, sowie innerhalb der ersten zwölf Wochen nach der Empfängnis, wenn eine Beratung stattgefunden hat. Seit Längerem wird diskutiert, Abbrüche in der Frühphase der Schwangerschaft nicht mehr im Strafgesetzbuch zu verbieten, sondern grundsätzlich zu entkriminalisieren.
Der Verband pro familia forderte Bund, Länder sowie Berufs- und Fachverbände dazu auf, auf der Grundlage der gewonnenen Daten für Verbesserungen zu sorgen. Dazu gehörten auch „Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen“, erklärte Börding. Die Grünen-Politikerinnen Ulle Schauws und Kirsten Kappert-Gonther erklärten, für sie stehe „unstrittig“ fest, „dass die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen die Versorgungslage verbessern würde“.
Der Bundesvorsitzende der katholisch verwurzelten Organisation donum vitae, Olaf Tyllack, sagte dagegen, er warne davor, „voreilige Schlussfolgerungen zu ziehen“ oder diese für weitgehende politische Ziele wie die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen zu instrumentalisieren. Die am Mittwoch veröffentlichten Ergebnisse erforderten eine sorgfältige Auswertung und Analyse der Methodik, Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen. „Hieran sind durchaus Zweifel möglich“, erklärte die Organisation und verwies auf die Frage der Repräsentativität der Teilstudien des Forschungsvorhabens.
Die Koalition aus Union und SPD hat im Koalitionsvertrag versprochen, ungewollt Schwangeren „Zugang zu medizinisch sicherer und wohnortnaher Versorgung“ zu ermöglichen. Zudem soll die Kostenübernahme durch die Krankenkassen erweitert werden. Bei nach der Beratungsregelung vorgenommenen Schwangerschaftsabbrüchen übernimmt die Krankenversicherung die Kosten nur, wenn die Frau ein relativ niedriges Einkommen hat.