Bonn (epd). Eine Studie sieht gravierende Mängel beim geplanten Energiewende-Monitoring der Bundesregierung. Bereits der Ausschreibung des Monitorings durch das Bundeswirtschaftsministerium attestiert der Studienautor Tim Meyer Voreingenommenheit. Diese erwecke den Eindruck, „als wolle das Wirtschaftsministerium sich in eine Beobachterrolle eines 'Weiter so' zurückziehen, anstatt die sektorenübergreifende Gestaltungsaufgabe Energiewende entschlossen anzunehmen“, sagte Meyer bei der Vorstellung der Studie, die im Auftrag der Organisation Germanwatch erstellt wurde, am Mittwoch in Bonn.
Union und SPD hatten in ihrem Koalitionsvertrag ein Energiewende-Monitoring angekündigt. Der vom Bundeswirtschaftsministerium beauftragte Bericht soll Anfang September vorgestellt werden und als Grundlage für die Neuausrichtung der deutschen Energiepolitik dienen. Darin sollen dem Koalitionsvertrag zufolge der zu erwartende Strombedarf sowie der Stand der Versorgungssicherheit, des Netzausbaus, des Ausbaus der erneuerbaren Energien, der Digitalisierung und des Wasserstoffhochlaufs überprüft werden.
In der 34-seitigen Kurzstudie untersuchte Meyer sowohl die Beauftragung des Energiewende-Monitorings als auch die zugrunde gelegten Studien und Szenarien. Ihm zufolge eignet sich der Monitoring-Bericht nicht für „irgendeine Art von Neuausrichtung“ der Energiepolitik.
Besonders problematisch ist laut Meyer, dass die dem Monitoring zugrundeliegenden Studien ihre Annahmen, von denen sie ihre Szenarien oder Kosteneinsparpotenziale ableiten, nicht transparent ausweisen. Beim angenommenen Strombedarf 2045 lägen die Szenarien fast 100 Prozent auseinander, bei Gaskraftwerken 2030 sogar über 120 Prozent. „Aufgrund des hohen Maßes an Intransparenz eignen sich diese Szenarien nicht als politische Entscheidungsgrundlage“, sagte der Inhaber der Unternehmensberatungsfirma 3Epunkt. Zudem erreichten nicht alle Szenarien das Ziel der Klimaneutralität bis 2045.
Die Umweltorganisation Germanwatch kritisierte, dass die Ausrichtung des Monitorings wichtige politische Handlungsbedarfe übersehe. Germanwatch-Vorstand Christoph Bals betonte, das Klimaneutralitätsziel sei im Koalitionsvertrag bekräftigt und im Grundgesetz verankert: „Szenarien, die damit nicht im Einklang stehen, dürfen nicht als Grundlage für politische Entscheidungen genutzt werden.“ Bals fordert, die Ursachen aktueller Verzögerungen bei der Energiewende politisch anzugehen, anstatt „zugunsten fossiler Lösungen die Dekarbonisierung des Stromsektors zu verschleppen“.