Berlin (epd). Für eine mögliche Reaktivierung der Wehrpflicht wird es zunächst keine konkreten Kriterien geben. Der Gesetzentwurf zur Wehrdienstreform sehe dafür „keinen Automatismus, keine festgelegte Zahl und keinen festgelegten Zeitpunkt“ vor, verlautete am Donnerstag aus Regierungskreisen in Berlin. Fest eingeplant ist hingegen die Wiedereinführung der Musterung.
Derzeit hat die Bundeswehr gut 180.000 aktive Soldatinnen und Soldaten, davon etwa 12.000 freiwillig Wehrdienstleistende. Die Bundesregierung hält allerdings aufgrund der veränderten Sicherheitslage mindestens 260.000 aktive Soldatinnen und Soldaten für nötig; außerdem etwa 200.000 „gut ausgebildete und ausgerüstete“ Reservistinnen und Reservisten.
Um dieses Ziel zu erreichen, soll das System des Wehrdienstes grundlegend überarbeitet werden. Deutsche Männer sollen mit 18 Jahren dazu verpflichtet werden, einen Fragebogen zu dem Thema auszufüllen, wie es aus Regierungskreisen hieß. Für andere Geschlechter soll das freiwillig sein. Abgefragt werden sollen „Bereitschaft, Eignung und Verfügbarkeit für den Dienst in den Streitkräften“.
Ab 2028 soll außerdem die Musterung für 18-jährige Männer wieder verpflichtend werden, wie es weiter hieß. Die dafür benötigten Kapazitäten würden „mit Hochdruck“ aufgebaut. Die Kreiswehrersatzämter, die zu Zeiten der Wehrpflicht für die Musterung zuständig waren, gibt es mittlerweile nicht mehr.
Generell solle der Wehrdienst ein „attraktiver und wertschätzender Dienst“ sein. Die Regierung will ihn demnach auch „intensiv bewerben“. Den Angaben zufolge steht hinter dem Konzept die Hoffnung, dass die Wehrdienstleistenden die Bundeswehr nicht nur während ihrer aktiven Zeit verstärken, sondern auch später in der Reserve zur Verfügung stehen. Überdies könne der neu gestaltete Dienst dazu führen, dass sich die Freiwilligen für einen längeren Zeitraum bei der Bundeswehr verpflichten, hieß es.
Die Regierung geht davon aus, dass der momentan angenommene Personalbedarf durch Freiwillige gedeckt werden kann. Für den Fall, dass das nicht gelingt, werde im Gesetzentwurf „eine entsprechende Vorsorge getroffen, die eine verpflichtende Heranziehung ermöglicht“, hieß es. Voraussetzung dafür sei, „dass der Bedarf an höheren Rekrutenzahlen aufgrund der Sicherheitslage steigt“. Nötig sei außerdem die Zustimmung des Bundestags.
Das Projekt unter dem Namen „Neuer Wehrdienst“ soll den Angaben zufolge Ende August vom Bundeskabinett beschlossen werden. Deutschland hatte die Wehrpflicht zum 1. Juli 2011 ausgesetzt. Die Möglichkeit, Männer ab 18 Jahren zum Dienst in den Streitkräften zu verpflichten, steht aber weiter im Grundgesetz. Eine Ausweitung der Wehrpflicht auf Frauen hatte die Bundesregierung kürzlich ausgeschlossen. In der Antwort auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion erklärte sie, eine Änderung des entsprechenden Grundgesetzartikels sei nicht geplant.