Ethiker Dabrock kritisiert Angriffe auf Juristin Brosius-Gersdorf

Ethiker Dabrock kritisiert Angriffe auf Juristin Brosius-Gersdorf

Berlin (epd). Der evangelische Theologe und Ethiker Peter Dabrock blickt kritisch auf die Diskussion über die für das Bundesverfassungsgericht nominierte Juristin Frauke Brosius-Gersdorf. Bei Fragen von Schwangerschaftskonflikten gehe es um „höchst komplexe Debatten“, sagte Dabrock am Donnerstag im Deutschlandfunk. Brosius-Gersdorf habe auf diese Komplexität hingewiesen und vertrete eine Position, „die im Übrigen ich persönlich nicht teile, die aber im Diskurs eine normale Position ist“. Dass jemand mit so einer Haltung nun „so diskreditiert ist, das ist eigentlich das Problem“, urteilte Dabrock.

Brosius-Gersdorf war von der SPD für eine Stelle als Richterin am Bundesverfassungsgericht vorgeschlagen worden. Die Nominierung war in Absprache mit den Koalitionspartnern CDU und CSU erfolgt. Kurz vor der für vergangenen Freitag geplanten Abstimmung im Bundestag wurde jedoch in der Unionsfraktion Kritik an Brosius-Gersdorf laut, insbesondere mit Verweis auf ihre Position zum Abtreibungsrecht. Die Abstimmung über die Juristin sowie eine weitere Kandidatin und einen Kandidaten für das Verfassungsgericht wurde daraufhin abgesetzt.

Auf die Frage, ob es aus seiner Sicht eine Kampagne gegen Brosius-Gersdorf gebe, sagte Dabrock, es sei „auffällig, dass all das, was aufgekommen ist, kurz vor der Wahl im Bundestag aufgekommen ist“. Er finde das „überraschungsfrei, weil natürlich gibt es im Bereich des Politischen immer auch Kampagnen“. Zum weiteren Verlauf der Debatte sagte der Erlanger Theologieprofessor: „Man hat das Gefühl, vorher hatten wir 80 Millionen Bundestrainer und plötzlich haben wir 80 Millionen Verfassungsrechtler und Moraltheologen und Ethiker.“

Scharfe Kritik an Brosius-Gersdorf und ihrer Haltung zum Abtreibungsrecht hatten unter anderem Vertreter der katholischen Kirche geäußert. Der evangelische Theologe Dabrock sagte dazu, seiner Meinung nach solle die katholische Kirche bei solchen Themen „sehr vorsichtig“ sein und auch „ein bisschen menschlicher“ agieren.

Die Zurückhaltung von prominenten Vertreterinnen und Vertretern der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in der Debatte nannte der frühere Ethikratsvorsitzende „schade“. Er verwies auf die innerkirchlichen Diskussionen über das Thema, die im vergangenen Jahr in einer ausführlichen Stellungnahme mündeten. Trotz sehr großer weltanschaulicher Unterschiede innerhalb der Arbeitsgruppe, der er selbst angehörte, sei es gelungen, ein gemeinsames Papier zu entwickeln, sagte Dabrock. Damit könne die evangelische Kirche ein Stück weit Vorbild sein, und er wolle die EKD-Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs „tatsächlich ermutigen, nochmal darauf hinzuweisen, was dort geleistet worden ist“.