Verteidiger lässt Strafprozess wegen Handwerkertermin platzen

Verteidiger lässt Strafprozess wegen Handwerkertermin platzen

Mainz (epd). Am Mainzer Amtsgericht hat der Strafprozess gegen einen Einbrecher kurz vor dem Ende eine skurrile Wende genommen. Wegen eines Handwerkertermins wollte der Verteidiger die Urteilsverkündung nicht abwarten und verließ stattdessen überstürzt den Gerichtssaal, wie Amtsgerichtsdirektor Jens Wilhelmi am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd) bestätigte. Das Prozessende war damit geplatzt. Zuvor hatte die Mainzer „Allgemeine Zeitung“ über den laut Behördenangaben einzigartigen Vorfall berichtet.

Laut Wilhelmi hatten sich die Schöffen am Dienstag, dem letzten Verhandlungstag, nach den Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung zur Beratung zurückgezogen und die Bekanntgabe des Urteils für 13.15 Uhr angekündigt. Als sie drei Minuten später als geplant in den Saal zurückgekehrt seien, hätten sie den Verteidiger dort nicht mehr vorgefunden. Laut Zeitungsbericht war er mit den Worten aufgebrochen, er müsse dringend nach Hause zu den Handwerkern, weil er anderenfalls kein fließendes Wasser mehr habe.

Da dem 42 Jahre alten Angeklagten in dem Strafprozess eine Haftstrafe von mehr als zwei Jahren droht, muss nach geltendem Prozessrecht während des gesamten Verfahrens ein Verteidiger anwesend sein. Für die Urteilsverkündung wurde ein neuer Termin angesetzt, zu dem der wegen anderer Delikte bereits in Darmstadt inhaftierte Angeklagte erneut mit einem Gefangenentransport nach Rheinland-Pfalz gebracht werden muss. Im Gegensatz zu Zeugen oder Angeklagten, die einer Verhandlung fernbleiben, gebe es bei Anwälten keine rechtlichen Möglichkeiten, ihre Anwesenheit zu erzwingen, sagte Wilhelmi.