Hannover, Frankfurt a.M. (epd). Krankenhausträger und Ärztevertreter haben höhere Strafen für Angriffe auf medizinisches Personal gefordert. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) wolle seit Langem, dass Übergriffe auf Krankenhauspersonal in der Strafbemessung Übergriffen auf Feuerwehrleute, Sanitäter und anderes Rettungspersonal gleichgestellt werden, sagte DKG-Chef Gerald Gaß dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND, Sonntag). Der Staat müsse das Signal aussenden, dass trotz Wartezeiten in der Notaufnahme und komplizierter Prozesse im Krankenhaus Gewalt absolut inakzeptabel sei und keinerlei Toleranz erfahre.
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) schloss sich der Forderung an. „Diejenigen anzugreifen, die anderen helfen, ist absolut inakzeptabel. Hier muss der Rechtsstaat entschlossen durchgreifen“, sagte Warken der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (F.A.Z., Montag). Härtere Strafen würden klarmachen, dass die Gesellschaft jedwede Gewalt und Aggression gegen Ärzte, Rettungskräfte und Pflegepersonal entschieden ablehne.
Laut dem Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, ist das Problem von Gewalt und Aggression alltäglich. Er forderte in der F.A.Z., das Strafrecht so zu verschärfen, dass alle, die dem Gemeinwohl dienten, gleichermaßen geschützt werden. „Auch die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte und ihre Teams der Medizinischen Fachangestellten sollten explizit Erwähnung im Gesetz finden.“
Die Übergriffe nähmen zu, sagte Gassen: „Eine zugegebenermaßen sehr kleine Gruppe von Menschen überschreitet hier Grenzen und bedrängt und bedroht Ärzte und Personal.“ In einer KBV-Erhebung gaben Gassen zufolge 85 Prozent der befragten Ärzte, Psychotherapeuten und Mitarbeiter an, dass die Beschimpfungen, Beleidigungen oder Bedrohungen in den vergangenen fünf Jahren gestiegen seien. 48 Prozent beobachteten den Anstieg auch für körperliche Gewalt. 80 Prozent haben im zurückliegenden Jahr verbale Gewalt selbst erlebt, 14 Prozent schalteten die Polizei ein. Mehr als 40 Prozent der fast 7.600 Umfrageteilnehmer waren innerhalb von fünf Jahren Opfer physischer Gewalt von Patienten gewesen. Es ging um Tritte, Schubsen, Anspucken und anderes.
Arztpraxen und Kliniken ergreifen dem RND-Bericht zufolge schon stärkere Sicherheitsmaßnahmen für ihre Angestellten zum Schutz vor verbaler und körperlicher Gewalt. „Die Krankenhäuser mussten in den vergangenen Jahren verschiedene Strategien zum Schutz ihrer Beschäftigten entwickeln“, sagte Gaß. Diese reichten von Sicherheitsdiensten über Deeskalations- und Verteidigungskurse bis hin zu baulichen Maßnahmen. Gaß forderte auch Hilfe bei der Finanzierung dieser Sicherheitsmaßnahmen. „Auf den Kosten für Sicherheitsdienste bleiben die Kliniken heute sitzen.“
Konzepte sähen zum Beispiel vor, dass Patienten und deren Angehörige in den Wartebereichen der Notaufnahmen in allen nicht-medizinischen Angelegenheiten vorwiegend Kontakt mit geschultem Sicherheitspersonal hätten, das mögliche Gewalttäter schnell erkenne. „Problematische Schichten werden so besetzt, dass immer auch körperlich besonders fitte und kräftige Pflegerinnen und Pfleger in den Teams arbeiten“, sagte Gaß. „Das alles sind keine akzeptablen Zustände.“