Köln (epd). Nach der Abweisung ihrer Klage auf Schmerzensgeld gegen das Erzbistum Köln hat die Missbrauchsbetroffene Melanie F. Berufung eingelegt. Die einstige Pflegetochter des mittlerweile wegen Kindesmissbrauchs verurteilten Priesters will das Urteil des Kölner Landgerichts vom 1. Juli überprüfen lassen, wie die Anwälte der Betroffenen am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf Anfrage mitteilten. Das Oberlandesgericht konnte am Dienstag noch keinen Eingang in der Sache bestätigen.
Zur finanziellen Unterstützung hat die Betroffenenorganisation „Eckiger Tisch“ einen Rechtshilfefonds aufgelegt, in den Spenden zur Finanzierung des Verfahrens eingezahlt werden können. Bereits innerhalb weniger Tage seien über 10.000 Euro gespendet worden.
F. fordert vom Erzbistum Köln ein Schmerzensgeld in Höhe von mehr als 800.000 Euro. Der ehemalige Priester Hans Ue. hatte die damals minderjährige Pflegetochter über Jahre missbraucht. Dies hatte unter anderem für das Mädchen zwei erzwungene Abtreibungen zur Folge.
Die Entscheidung von Melanie F., in Berufung zu gehen, sei eine gute Nachricht für alle Betroffenen, erklärte der „Eckige Tisch“. Denn die Frage, wie weit die sogenannte Amtshaftung der Kirche reicht, dürfte in zahlreichen Verfahren zu Missbrauch durch Kleriker eine Rolle spielen und erstmals von einem Oberlandesgericht behandelt werden.
Das Urteil des Landgerichts Köln berücksichtigt aus Sicht der Betroffeneninitiative nicht die systemischen Bedingungen, unter denen der Missbrauch stattfand. Die Taten seien im Pfarrhaus, unter den Augen kirchlicher Vorgesetzter geschehen, durch einen Mann, der ohne sein Priesteramt als 28-jähriger unverheirateter Mann, ohne abgeschlossene Berufsausbildung und unsichere Einkommensverhältnisse niemals die Erlaubnis vom Jugendamt erhalten hätte, eine Pflegetochter aufzunehmen.
Das Landgericht Köln hatte geurteilt, die Ansprüche der früheren Pflegetochter seien unbegründet (AZ: 5 O 220/23). Es bestünden keine Amtshaftungsansprüche und auch keine Haftung des Erzbistums Köln wegen unterlassener Sorgfalts- und Fürsorgepflichten. Das Gericht ordnet die Missbrauchstaten des früheren Priesters in dessen Privatbereich ein. Der erforderliche Zusammenhang zwischen den Missbrauchstaten und dem kirchlichen Amt des Täters sei nicht gegeben. Die Sorge für ein Pflegekind sei dem damaligen Priester durch das Jugendamt ermöglicht worden.