Genf, Nairobi (epd). Nach Protesten mit mehreren Toten in Kenia dringt UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk auf eine unabhängige Aufarbeitung der Gewalt. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, erklärte eine Sprecherin von Türk am Dienstag in Genf. Am Montag waren bei Demonstrationen gegen Polizeigewalt in dem ostafrikanischen Land mindestens zehn Menschen getötet worden.
Bei den teils gewaltsamen Protesten hätten die Sicherheitskräfte in der Hauptstadt Nairobi und anderen Landesteilen scharfe Munition, Gummigeschosse und Tränengas eingesetzt, sagte die UN-Sprecherin. Es gebe zudem Berichte über Plünderungen und die Beschädigung von öffentlichem und privatem Eigentum.
Die Proteste in dem ostafrikanischen Land richten sich gegen die jüngste Polizeigewalt. Auch der Rücktritt von Präsident William Ruto wurde gefordert. Zur Zahl der Toten gibt es unterschiedliche Angaben. Laut einem Bericht der Nachrichtenplattform „Kenyans“, der sich auf Polizeiangaben beruft, kamen elf Menschen ums Leben. Nach Angaben der Kenianischen Nationalen Menschenrechtskommission von Montagabend wurden 10 Menschen getötet und zusätzlich 29 verletzt.
Die UN-Sprecherin nannte in ihrer Erklärung beide Zahlen zu den Toten. Sie verwies zudem auf Polizeiangaben, denen zufolge 52 Polizeibeamte verletzt worden seien und es 567 Festnahmen gegeben habe. In der Stadt Embu kam es laut Berichten lokaler Medien am Dienstag zu weiteren, teils gewaltsamen Protesten. Hintergrund war demnach die Festnahme des Parlamentsabgeordneten Gitonga Mukunji am Montag.
Seit Wochen gibt es in Kenia immer wieder Proteste gegen Polizeigewalt. In Kenias Hauptstadt Nairobi hatte die Polizei am Montag alle großen Einfallstraßen weiträumig für den Autoverkehr gesperrt, um eine zentrale Demonstration zu verhindern. Rund um die Straßensperren kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstrierenden und der Polizei.
Die Kenianische Nationale Menschenrechtskommission warf der Polizei eine Zusammenarbeit mit bewaffneten Randalierern vor. Mitglieder von Gangs seien an mehreren Orten an der Seite der Polizei gesichtet worden. Bereits am Sonntag hatte ein Schlägertrupp eine Pressekonferenz von Menschenrechtlern überfallen und Journalisten bestohlen. Vor zwei Wochen waren bei Demonstrationen laut Menschenrechtlern 16 Menschen von Sicherheitskräften getötet worden.
Der 7. Juli ist in Kenia traditionell ein Tag des Protests, ausgehend von Demonstrationen gegen die Regierung des früheren Langzeitherrschers Daniel Arap Moi im Jahr 1990, die brutal niedergeschlagen wurden. Damals forderten die Menschen auf den Straßen ein Mehrparteiensystem, das ein Jahr später eingeführt wurde.