Berlin (epd). Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU) will möglichst zügig ein neues Hilfesystem in der Nachfolge des vor dem Aus stehenden Missbrauchsfonds etablieren. Ihr Ziel sei es, zu Beginn des nächsten Jahres eine Lösung zu haben, sagte Prien am Mittwoch in Berlin. Das sei „ehrgeizig“, denn es sei nicht „trivial“, eine rechtssichere Lösung zu finden. Eine Lösung ohne gesetzliche Grundlage könne sie sich nicht vorstellen, sagte sie.
Über den 2013 gegründeten Fonds bekommen Opfer sexueller Gewalt Hilfen, die über das reguläre Sozialsystem kaum oder nur auf kompliziertem Wege möglich sind. Im März wurde bekannt, dass der Fonds auslaufen soll. Hintergrund ist Kritik des Bundesrechnungshofs an dem Fonds, aus dem Hilfen oftmals ohne klare zeitliche Vorgaben ausgezahlt werden. Inzwischen wurde mitgeteilt, dass wegen eines erhöhten Antragsaufkommens nur noch bis zum 19. März dieses Jahres eingegangene Erstanträge bewilligt werden können. Betroffene schlugen vor diesem Hintergrund Alarm.
Die unabhängige Missbrauchsbeauftragte Kerstin Claus hatte vorgeschlagen, den Fonds im Gesetz zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen (UBSKM-Gesetz) zu verankern. Prien sagte, sie wolle sich noch nicht festlegen, ob eine gesetzliche Grundlage dort oder woanders erfolgen soll. Betroffenen versprach sie: „Wir werden alles dafür tun, dass wir da zu einer guten Lösung kommen.“
Das UBSKM-Gesetz war am Dienstag in Kraft getreten. Prien und Claus bezeichneten es als „Meilenstein“ im Kampf gegen Missbrauch und für Betroffene sexualisierter Gewalt. Durch das noch kurz vor der Bundestagswahl in diesem Jahr verabschiedete Gesetz bekommt das Amt der unabhängigen Missbrauchsbeauftragten mehr Gewicht. Ihre Stelle sowie der dort angesiedelte Betroffenenrat und die unabhängige Aufarbeitungskommission werden damit dauerhaft abgesichert.
Die Missbrauchsbeauftragte wird durch das Gesetz verpflichtet, einmal pro Wahlperiode einen Bericht zu erstellen, der auch Empfehlungen für Maßnahmen im Kampf gegen Missbrauch enthält. Die Bundesregierung muss die Beauftragte zudem bei allen Vorhaben einbeziehen, die etwas mit dem Aufgabenbereich zu tun haben. Das Amt der oder des unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs gibt es seit 2010. Bislang wurde die Stelle per Kabinettsbeschluss besetzt, künftig geschieht das durch eine Wahl im Bundestag. Claus' Amtszeit läuft noch bis März 2027.