Klage missbrauchter Pflegetochter gegen Erzbistum Köln abgewiesen

Klage missbrauchter Pflegetochter gegen Erzbistum Köln abgewiesen
Initiative sieht darin "schweren Schlag" für Betroffene
Eine sexuell missbrauchte Frau bekommt kein Schmerzensgeld vom Erzbistum Köln. Das Landgericht hat die Ansprüche der früheren Pflegetochter eines Priesters abgewiesen. Die Betroffenen-Initiative "Eckiger Tisch" sieht das als "schweren Schlag".

Köln (epd). Das Landgericht Köln hat die Schmerzensgeld-Klage einer Frau gegen das Erzbistum Köln wegen sexuellen Missbrauchs abgewiesen. Die Ansprüche der früheren Pflegetochter eines bereits verurteilten Priesters seien unbegründet, urteilte das Gericht am Dienstag. (AZ: 5 O 220/23) Es bestünden keine Amtshaftungsansprüche und auch keine Haftung des Erzbistums Köln wegen unterlassener Sorgfalts- und Fürsorgepflichten. Die betroffene Frau hatte Schmerzensgeld sowie eine Verpflichtung zum Ersatz zukünftiger materieller Schäden verlangt. Die Betroffenen-Initiative „Eckiger Tisch“ bezeichnete das Urteil als „Schande für den Rechtsstaat“ und „schweren Schlag“ für Betroffene.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Über eine Berufung würde das Oberlandesgericht Köln entscheiden.

Die heute erwachsene Klägerin hatte wegen einer Vielzahl sexueller Missbrauchstaten eines ehemaligen Priesters in den 1970er- und 1980er Jahren Schmerzensgeld in Höhe von 830.000 Euro vom Erzbistum gefordert. Sie hatte in diesem Zeitraum auch als Pflegekind bei dem Priester gelebt. Dieser hatte in etwa 40 Jahren mehreren Mädchen sexualisierte Gewalt angetan. Dafür war er im Jahr 2022 strafrechtlich zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Die Taten an seiner Pflegetochter waren zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits verjährt.

Die Betroffene argumentierte laut Gericht, dass die Missbrauchstaten des ehemaligen Priesters in Ausübung eines kirchlichen Amtes erfolgt seien. Zudem habe das Erzbistum Aufsichts- beziehungsweise Schutzpflichten ihr gegenüber verletzt. Deshalb vertrat sie die Ansicht, dass ihr gegenüber dem Erzbistum Köln sogenannte Amtshaftungsansprüche zustünden.

Dieser Argumentation ist die fünfte Zivilkammer des Landgerichts Köln nicht gefolgt. Voraussetzung für eine Haftung sei, dass die Taten in Ausübung eines öffentlichen Amtes begangen wurden, hieß es. Das Gericht ordnet die Missbrauchstaten des früheren Priesters an der damals minderjährigen Klägerin allerdings in dessen Privatbereich ein. Der erforderliche Zusammenhang zwischen den Missbrauchstaten und dem kirchlichen Amt des Täters sei nicht gegeben. Vielmehr bestehe die Besonderheit, dass die Klägerin dem ehemaligen Priester als Pflegekind anvertraut gewesen sei. Die Sorge für ein Pflegekind sei dabei durch einen staatlichen Akt begründet worden.

Die Betroffenen-Initiative „Eckiger Tisch“ bezeichnete die Entscheidung des Landgerichts als „schweren Schlag für die Betroffenen“, die im Kampf um einen gerechten Ausgleich für durch Kirche und ihre Kleriker angerichtetes Leid ihre Hoffnung auf den Rechtsstaat setzen. Das Urteil sei „eine Schande für den Rechtsstaat“. Das Gericht habe die Bedeutung der Kirche und des Priesteramtes bei der Entscheidung des Jugendamtes über die Aufnahme der Klägerin als Pflegetochter durch den damals 28-jährigen Kleriker nicht genügend berücksichtigt, kritisierte die Initiative.

Die Initiative „Eckiger Tisch“ werde die betroffene Frau unterstützen, falls sie in die nächste Instanz gehen wolle, hieß es. Die Initiative rief zu Spenden für die Prozesskosten auf. „Wenn die Kirche mit diesem Urteil davonkommt, dann kann sich keine betroffene Person mehr vor Gericht trauen, wenn sie mit den zugeteilten Anerkennungsleistungen nicht einverstanden ist“, erklärte der „Eckige Tisch“.

Nach Auffassung des Landgerichts Köln wird eine kirchliche Tätigkeit auch nicht dadurch begründet, dass das beklagte Erzbistum zu der Aufnahme eines Pflegekindes durch den Priester seine Zustimmung erteilt hat. Nicht jede Tätigkeit eines kirchlichen Amtsträgers stelle zugleich die Ausübung eines öffentlichen Amtes im Sinne der Haftungsnorm dar, auch wenn dies in Widerspruch zum theologischen Verständnis von einem Priesteramt steht, erklärte das Gericht.

Auch eine Haftung des beklagten Erzbistums wegen einer mangelnden Überwachung des Täters lehnte das Gericht ab. Die Vernehmung von Zeugen und die Anhörung der Klägerin hätten nicht ergeben, dass Vertreter oder Bedienstete des beklagten Erzbistums Köln Anhaltspunkte dafür gehabt hätten, dass die Klägerin sexuell missbraucht wurde, erklärte das Gericht.