Münster (epd). Die Bedeutung von Religion nimmt laut aktuellen Forschungen weltweit ab. Davon betroffen seien nicht mehr nur die Regionen Westeuropas, sondern auch bisherige „religiöse Hochburgen“ wie Polen und die USA sowie Südkorea und Japan, erklärte der Religionssoziologe Detlef Pollack vom Exzellenzcluster Religion und Politik der Uni Münster am Dienstag. Das gelte auch für muslimisch geprägte Staaten in Nordafrika sowie die Türkei und den Iran, sagte Pollack, der einer der beiden Autoren einer erweiterten und überarbeiteten Neuauflage des Standardwerks „Religion in der Moderne. Ein internationaler Vergleich“ ist.
So sei der Anteil der Konfessionslosen in den USA, der sich im 20. Jahrhundert noch im einstelligen Prozentbereich bewegt habe, auf knapp ein Drittel gestiegen, erläuterte der Religionswissenschaftler. In Polen seien allein zwischen 2015 und 2021 die wöchentlichen Gottesdienstbesuche um zehn Prozentpunkte zurückgegangen.
Unter den mehrheitlich muslimisch geprägten Ländern steche besonders die Säkularisierung im Iran hervor, hieß es. Einer Online-Befragung zufolge würden sich entgegen den offiziellen Zahlen lediglich etwa 40 Prozent der Iranerinnen und Iraner als muslimisch sehen, erklärte Pollack. Offizielle Zahlen würden hingegen suggerieren, dass mehr als 99 Prozent der Iranerinnen und Iraner muslimisch seien.
Die Wissenschaftler erklärten den Bedeutungsverlust von Religion durch ein wachsendes Wohlstandsniveau, Demokratisierung, Ausbau des Sozialstaats sowie Individualisierung und kulturelle Pluralisierung. In den meisten westeuropäischen Ländern habe sich die Mehrheit der Gläubigen vom Glauben an einen persönlichen Gott, wie ihn die Bibel verkündigt, abgewandt. Sie glaube heute nur noch an eine höhere Macht, deren Wirken nicht direkt erfahrbar sei.