Nairobi, Kinshasa (epd). Im Kongo nimmt mit den Kämpfen auch die sexuelle Gewalt gegen Frauen zu. Viele Soldaten setzten Vergewaltigung gezielt ein, um den Menschen in Dörfern als Rache für die angebliche Kollaboration mit Rebellen oder Milizen eine Lektion zu erteilen, sagte Amadou Bocoum dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der gebürtige Malier leitet in der Demokratischen Republik Kongo das Büro der Hilfsorganisation Care. Besonders schlimm sei die Lage im Osten des Landes. Dort kämpfen Armee und die M23-Miliz seit Anfang des Jahres verstärkt um die Vorherrschaft.
Zugleich gibt es Bocoum zufolge immer weniger Geld zur Unterstützung der Opfer. „Im Moment gibt es zum Beispiel keine Notfallmedikamente, mit denen Frauen sich nach einer Vergewaltigung vor einer HIV-Infektion oder einer Schwangerschaft schützen können.“
Die Vereinten Nationen registrierten allein für die ersten vier Monate des Jahres mehr als 67.000 Fälle von sexueller Gewalt. Das sei ein Anstieg um 38 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Nur etwas mehr als die Hälfte der Opfer hat demnach medizinische Versorgung in den entscheidenden 72 Stunden nach der Tat erhalten. Zugleich ist die Dunkelziffer bei sexueller Gewalt enorm hoch und die medizinische Versorgung wegen der internationalen Kürzungen im humanitären Bereich seitdem noch schlechter.
Um Frauen in dieser prekären Situation zu unterstützen, biete Care sichere Räume und Trainings, erläuterte Bocoum. Auch gebe es Programme für Männer zum Thema, bei denen sich manchmal sogar Angehörige bewaffneter Gruppen träfen und über ihre Verantwortung für Zivilistinnen und Zivilisten sprächen.
Neues Geld für die medizinische Nothilfe für Vergewaltigungsopfer möchte Care auf lokaler Ebene auftun. Die Organisation suche sowohl bei Privatpersonen als auch bei Firmen und Kirchen Unterstützung, sagte Bocoum. Von der lokalen Regierung hingegen könne kaum etwas erwartet werden. Der Experte räumt ein, dass die Lage kompliziert sei: „Aber Aufgeben ist keine Option.“ Frauen müssten nach einer Vergewaltigung wenigstens wieder die Erleichterung verspüren können, keine Angst vor Krankheiten haben zu müssen. Hilfsorganisationen wie Care verstärken im Kongo staatliche Gesundheitszentren bei der Versorgung mit Medikamenten, besonders im Bereich sexuell übertragbarer Krankheiten.
Da die Opfer oft Geflüchtete sind, muss nach Bocoums Einschätzung die Lage der Flüchtlinge insgesamt verbessert werden, um die Frauen zu schützen. Sie bräuchten mehr Unterkünfte und eine bessere Versorgung mit Lebensmitteln. Denn es seien Situationen der Abhängigkeit durch die Not, in denen sie sexueller Gewalt ausgesetzt seien.