Berlin (epd). Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) sieht in den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes zur AfD keine ausreichende Grundlage für ein Verbotsverfahren. Bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2024 am Dienstag in Berlin sprach er sich dafür aus, die Auseinandersetzung mit der Partei politisch zu führen. Die AfD müsse „aus der Mitte heraus wegregiert“ werden.
Das Gutachten des Verfassungsschutzes zur AfD betrachte vor allem die Frage, ob die Partei gegen das Prinzip der Menschenwürde verstoße, erläuterte Dobrindt. Für ein Verbotsverfahren müssten jedoch noch weitere Elemente geprüft werden, etwa ob ein Angriff auf den Rechtsstaat oder die Demokratie vorliege.
Die Debatte um ein AfD-Verbot hatte nach der verschärften Einstufung der Partei durch den Verfassungsschutz Anfang Mai an Fahrt aufgenommen. Das Bundesamt hatte die Partei als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft. Nach einem Eilantrag der AfD setzte der Verfassungsschutz diese Bewertung jedoch aus und führt die Partei bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln weiterhin als Verdachtsfall.
Diese „Stillhaltezusage“ gegenüber dem Gericht bedeute auch, dass der AfD-Bericht des Verfassungsschutzes nicht veröffentlicht werden dürfe, sagte Dobrindt. Wie sein Ministerium zu einem späteren Zeitpunkt damit umgehen werde, ließ er offen.
Eindeutige Zusammenhänge zwischen dem Anstieg des Rechtsextremismus und der politischen Arbeit der AfD sieht der Minister nicht. Dennoch sei deutlich, dass auch durch die AfD „eine Situation erzeugt wird, die der Polarisierung unserer Gesellschaft Vorschub leistet“. Der Vizepräsident des Verfassungsschutzes, Sinan Selen, ergänzte, die AfD habe eine Scharnierfunktion inne: Sie greife Themen auf und überführe sie dadurch ins „Sagbare“.
Der am Dienstag veröffentlichte Verfassungsschutzbericht 2024 zeigt ein deutliches Wachstum der rechtsextremistischen Szene. Das Personenpotenzial stieg um fast ein Viertel von 40.600 auf 50.250. Die Zahl gewaltorientierter Rechtsextremisten beziffert der Verfassungsschutz auf 15.300.