Hilfswerk: Am meisten vernachlässigte Vertreibungskrise in Kamerun

Hilfswerk: Am meisten vernachlässigte Vertreibungskrise in Kamerun
Kaum mediale Aufmerksamkeit, wenig Diplomatie: In Kamerun, Äthiopien und Mosambik spielen sich laut der Hilfsorganisation NRC die am meisten vernachlässigten Vertreibungskrisen der Welt ab. Nur zwei Länder auf der Rangliste liegen nicht in Afrika.

Frankfurt a.M., Oslo (epd). Viele Vertreibungskrisen auf dem afrikanischen Kontinent erfahren laut Einschätzung des „Norwegian Refugee Council“ (NRC) medial und politisch zu wenig Aufmerksamkeit. Acht der zehn am meisten vernachlässigten Krisen spielten sich vergangenes Jahr laut einer am Dienstag von der Hilfsorganisation veröffentlichten Rangliste in Afrika ab. Am stärksten unterbelichtet war demnach die Lage von Vertriebenen und Geflüchteten in Kamerun. Auf Platz zwei steht Äthiopien, gefolgt von Mosambik.

Für Kamerun verwies die norwegische Hilfsorganisation unter anderem auf die Gewalt in den anglophonen Regionen und den Konflikt mit bewaffneten Gruppen im Tschadsee-Becken. Mehr als 1,1 Millionen Menschen waren demnach vergangenes Jahr innerhalb des zentralafrikanischen Landes vertrieben. Dies erfahre jedoch kaum mediale Aufmerksamkeit und auch die diplomatischen Bemühungen für eine Beilegung des Konflikts reichten nicht aus, kritisierte der NRC.

In der jährlichen Rangliste untersucht die weltweit tätige norwegische Hilfsorganisation Vertreibungs- und Flüchtlingskrisen anhand von drei Kriterien: der Finanzierung der humanitären Hilfe, der medialen Aufmerksamkeit und den politischen Bemühungen für eine Lösung der Krise.

Auch in Äthiopien, das auf Platz zwei der Liste steht, seien bis zum Jahresende mehr als 2,3 Millionen Menschen im Land vertrieben worden, etwa wegen der Konflikte in den Regionen Amhara und Oromia, hieß es. Zugleich verwies die Hilfsorganisation auf die Folgen von Dürren und Fluten. Im drittplatzierten Mosambik leidet die Bevölkerung den Angaben zufolge unter der Gewalt in der Provinz Cabo Delgado.

Das Sahel-Land Burkina Faso, das die Liste zuletzt angeführt hatte, steht diesmal an vierter Stelle, gefolgt von Mali und Uganda. Die Demokratische Republik Kongo, wo im Osten seit Jahren ein Konflikt herrscht, liegt auf Platz acht, das am Horn von Afrika gelegene Somalia auf Platz zehn.

Neu aufgenommen in die Liste wurde der Iran (Platz sieben). Dies begründet die Hilfsorganisation mit einer deutlichen Verschlechterung der Lage für die Millionen afghanischen Geflüchteten in dem Land. Zugleich sei der Hilfsplan zur Unterstützung der Schutzsuchenden vergangenes Jahr nur zu 25 Prozent finanziert gewesen. Als weiteres nicht afrikanisches Land steht Honduras auf Platz neun der Liste.

Zur Veröffentlichung der Rangliste kritisierte der NRC eine allgemeine Unterfinanzierung der weltweiten humanitären Hilfe. Generalsekretär Jan Egeland beklagte eine Zunahme nationalistischer Politik in vormals „großzügigen Geberländern“. Zugleich brauche es mehr Diplomatie und Einsatz für die Lösung von Konflikten. Andernfalls würden die Krisen weiter anhalten, sagte Egeland.

Der „Norwegian Refugee Council“ ist nach eigenen Angaben weltweit in 40 Ländern tätig. Der Schwerpunkt der Hilfsorganisation, die ihren Sitz in der norwegischen Stadt Oslo hat, liegt auf der Unterstützung vertriebener Menschen.