Berlin (epd). Sexarbeitende haben einen Gesetzesentwurf zur Reform des Sexarbeitsrechts vorgelegt. Es sei die erste umfassende gesetzgeberische Initiative in Deutschland, die direkt von Sexarbeitenden selbst verfasst wurde, erklärte das Bündnis Sex Worker Action Group (SWAG) bei der Präsentation des Entwurfs am Montag in der Berliner Zwölf-Apostel-Kirche. Anlass ist der Internationale Tag der Sexarbeitenden am 2. Juni.
Unter anderem forderten die Aktivistinnen eine Abschaffung der Anmeldepflicht, da nur angemeldete Sexarbeitende sichere Arbeitsplätze nutzen könnten. Stattdessen sieht der Entwurf die Möglichkeit einer Anmeldung als selbstständige Tätigkeit oder Freiberuf vor, unter Wahrung der Anonymität der Personen. Damit einhergehend soll dem Entwurf zufolge künftig die Künstlersozialkasse (KSK) als Krankenkasse für Sexarbeitende zuständig sein.
Zudem verlangen die Aktivistinnen eine vollkommene Entkriminalisierung der Sexarbeit. Unter anderem würde die bestehende Sperrbezirksverordnung dazu beitragen und müsse daher abgeschafft werden.
Der Entwurf mit dem Titel „Gesetz für Gleichstellung, Respekt und Rechte in der Sexarbeit“ wurde den Angaben zufolge zwischen November 2024 und April 2025 entwickelt. Dafür hätten sich unter anderem Sexarbeitende ausgetauscht und verschiedene Gesetzesmodelle aus anderen Ländern seien analysiert worden. Die mehr als 60 Paragrafen umfassende Vorlage beinhaltet neben den Rechten für Sexarbeitende auch Maßnahmen für die Gewerbetreibenden, Kundschaft, Behörden und Beratungsstellen sowie die Gesellschaft.
Mit dem Prostituiertengesetz (ProstG) von 2001 waren die Sittenwidrigkeit von Sexarbeit abgeschafft und die ersten Rechte von Sexarbeitenden eingeführt worden. Das spätere Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) aus dem Jahr 2017 wird von dem Bündnis eher negativ bewertet. Es habe „neue Hürden geschaffen und bestehende Probleme verschärft“.
In dem Gesetz wurde unter anderem die verpflichtende Anmeldung festgelegt. Die auf Straf- und Sozialrecht spezialisierte Berliner Rechtsanwältin Carolin Kaufmann sagte bei der Präsentation, sie unterstütze den Entwurf, weil sie das Prostituiertenschutzgesetz als nicht zielführend erachte.
Seit 2022 und noch bis Juli 2025 läuft den Angaben zufolge die gesetzlich vorgesehene Evaluation des acht Jahre alten Prostituiertenschutzgesetzes. Das Bündnis der Sexarbeitenden hofft, dass der eigene Entwurf in der anschließenden parlamentarischen Debatte diskutiert wird.
In einer bis Donnerstag laufenden Aktionswoche sind zudem in Berlin Diskussionen, Filmvorführungen und Workshops zum Thema geplant. Der Tag der Sexarbeitenden geht auf den 2. Juni 1975 zurück, als Sexarbeiterinnen im französischen Lyon die Saint-Nizier-Kirche besetzten, um für ihre Rechte einzutreten.