Berlin, Caracas (epd). Rund zehn Monate nach den gefälschten Präsidentschaftswahlen hat die Regierungspartei von Staatschef Nicolás Maduro auch im Parlament ihre Macht ausgebaut. Das Bündnis um die sozialistische PSUV beansprucht nach Auszählung von rund 93 Prozent der Stimmen etwa 83 Prozent der Sitze im Nationalkongress für sich, wie die regierungsnahe Wahlbehörde CNE am Sonntagabend (Ortszeit) in Caracas mitteilte. Weiterhin gingen 23 der 24 Gouverneursposten an das Regierungsbündnis. Die Mehrheit der Opposition hatte zu einem Boykott der Abstimmung aufgerufen.
Maduro sprach nach Bekanntgabe des Ergebnisses von einem „Sieg des Friedens und der Stabilität“. Internationale Wahlbeobachter waren nicht zugelassen. Auch zahlreiche Journalisten bekamen kein Visum, um über die Abstimmung zu berichten.
Rund 21 Millionen Venezolanerinnen und Venezolaner waren aufgerufen, die Gouverneure, 285 Abgeordnete des Nationalkongresses sowie die regionalen Parlamente neu zu bestimmen. Die Regierung beansprucht auch die ölreiche Provinz Esequibo im Nachbarland Guyana für sich und hielt dort ebenfalls Wahlen ab, die aber lediglich symbolischen Charakter hatten. Maduro hatte vor rund einem Jahr ein Gesetz über den Anschluss von Esequibo an Venezuela erlassen. Seitdem hat sich der Grenzkonflikt mit Guyana zugespitzt.
Die Wahlbeteiligung lag laut offiziellen Angaben bei rund 43 Prozent. Die Opposition zweifelt diese Zahlen aber als viel zu hoch an. „Heute haben mehr als 85 Prozent der Venezolaner diesem Regime nicht gehorcht und Nein gesagt, heute ist die Terrorstrategie des Regimes gescheitert“, sagte Oppositionsführerin María Corina Machado in einem auf sozialen Netzwerken veröffentlichten Video.
Der Präsidentschaftskandidat der Opposition, Edmundo González, der sich im spanischen Exil befindet, sprach den Wahlen jede Legitimität ab. „Heute wurden wir Zeugen eines Ereignisses, das sich als Wahl zu tarnen versuchte, aber weder das Land noch die Welt täuschen konnte“, schrieb er auf X.
Bei den Wahlen waren auch einige kleinere Oppositionsparteien angetreten, die laut Wahlkommission auf rund 17 Prozent der Stimmen für den Nationalkongress kamen. Dieser Teil der Opposition wird vom ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Henrique Capriles angeführt, der es für einen Fehler hält, wenn nur die Regierungsparteien im Parlament vertreten wären und deshalb einen Wahl-Boykott ablehnt. Auch die letzten Parlamentswahlen 2020 hatte die Opposition mehrheitlich boykottiert. Von den 24 Bundesstaaten ging lediglich die westliche Provinz Cojedes an die Opposition.
Die Wahlen fanden in einer angespannten politischen Stimmung und unter starken Sicherheitsvorkehrungen statt. Laut dem Innenministerium wurden im Vorfeld etwa 70 Regimekritiker festgenommen, darunter auch der prominente Oppositionelle Juan Pablo Guanipa. Die Regierung wirft ihnen vor, Terroranschläge auf Krankenhäuser und Elektrizitätswerke geplant zu haben, ohne allerdings Beweise vorzulegen.
Die Opposition um Machado reklamiert den Sieg der Präsidentschaftswahlen im vergangenen Jahr für sich und ihren Kandidaten González. Bei den wochenlangen Protesten gegen das Regime kamen laut offiziellen Zahlen 25 Menschen ums Leben und Hunderte Demonstranten wurden verletzt. Mehr als 2.000 Regierungskritiker wurden festgenommen.