Bräuche an Christi Himmelfahrt in Italien

Gläubige feiern eine Heilige Messe an Christi Himmelfahrt
Martin Schutt/dpa
Gläubige feiern zwar die Heilige Messe, dieser Tag ist allerdings kein gesetzlicher Feiertag mehr in Italien.
Christi Himmelfahrt in Italien
Bräuche an Christi Himmelfahrt in Italien
Im erzkatholischen Italien sind seit 1977 zum Teil wichtige religiöse Festtage keine gesetzlichen Feiertage mehr. Damals hat die Regierung gemeinsam mit der Italienischen Bischofskonferenz (CEI) beschlossen, dass die Messen zu Christi Himmelfahrt und Fronleichnam nur an Sonntagen gefeiert werden. Viele Bräuche und Traditionen haben aber überlebt. evangelisch.de-Redakteurin Alexandra Barone hat nachgeforscht.

Wer als Tourist nach Italien kommt, geht davon aus, dass gerade in Rom – dem Herzen des Vatikans – an den wichtigen religiösen Feiertagen wie Karfreitag, Christi Himmelfahrt und Pfingsten die Geschäfte geschlossen sind und die Italiener nicht zur Arbeit gehen. Pustekuchen, denn das Gesetz Nr. 54 vom 5. März 1977 mit dem Titel "Disposizioni in materia di giorni festivi" (Verfügungen in Bezug auf Feiertage) legte fest, dass mehrere Feste der katholischen Kirche keinen gesetzlichen Feiertagscharakter mehr haben. Es handelt sich dabei um das Dreikönigsfest am 6. Januar, das Hochfest des heiligen Josef am 19. März (das in Italien gleichzeitig Vatertag ist), das Hochfest der Himmelfahrt des Herrn, das Hochfest des Fronleichnams und das Hochfest der Heiligen Petrus und Paulus am 29. Juni. 

Was war geschehen im Jahr 1977 und warum wurden so wichtige religiöse Festtage wie Christi Himmelfahrt abgeschafft? Vor rund 48 Jahren hat die italienische Bischofskonferenz CEI gemeinsam mit der italienischen Regierung beschlossen, Christi Himmelfahrt und Fronleichnam nicht mehr donnerstags, sondern am darauffolgenden Sonntag zu feiern. Die Idee der Regierung war, dass die Produktivität des Landes unter den Feiertagen leide, die Idee der Kirche war, die Gläubigen zu einer größeren Teilnahme zu ermutigen. In der Praxis sah das allerdings dann anders aus, denn das Gesetz trug dazu bei, dass das Bewusstsein der Italiener für die Besonderheit dieser Feste verloren ging.

"Für uns sind diese Tage nichts Besonderes mehr", weiß Caterina. Die 56-Jährige arbeitet in einem Hotel im Zentrum Roms und schaut verwundert, als ich ihr berichte, dass unter anderem Karfreitag und Christi Himmelfahrt gesetzliche Feiertage in Deutschland sind. An diesem Tag bleiben die Geschäfte geschlossen, um auch eine Art von Innehalten zu gewährleisten. "Uns Italienern ist nicht gestattet, innezuhalten", ein bitteres Lachen Caterinas folgt. "Bei uns sind Geschäfte sogar am Ostersonntag und am 1. Mai geöffnet." Auf die Frage, was sie davon hält, antwortet sie mir überraschenderweise mit einem Achselzucken: "Hier in Italien sagen Staat und Kirche etwas, aber wir halten uns oft nicht daran, denn wir lassen uns nicht vorschreiben, ob und wann wir unsere Traditionen feiern." 

Lagerfeuer und ein Bad im Meer

Caterina kommt aus Sizilien und dort sieht man am Abend von Christi Himmelfahrt in vielen Gegenden Lagerfeuer. Christi Himmelfahrt, im sizilianischen Dialekt "a Scèusa", ist eine antike Tradition, reich an Ritualen und Symbolen. Es ist ein Fest der allgemeinen Reinigung, eine Hymne an den späten Frühling. In seiner Sammlung sizilianischer Volkstraditionen setzt der italienische Arzt und Volkskundler Giuseppe Pitrè Christi Himmelfahrt mit einem Fest des Glücks gleich. "Es ist ein Tag, der dazu bestimmt ist, die schwersten Krankheiten zu heilen, und der gegen alle Tugenden der Medizin rebelliert."

Man muss dabei bedenken, dass in Sizilien noch bis in die späten 1970er Jahre der Glaube weit verbreitet war, dass das Meerwasser um Punkt Mitternacht auf wundersame Weise süß wird und heilende Eigenschaften erhält. So liefen die Menschen am Vorabend von Christi Himmelfahrt um Mitternacht andächtig zum Meeresufer und badeten darin, wobei sie beteten und Gebete wiederholten. Auch Tiere wurden in dieser Nacht im Meerwasser gebadet, um sie vor Krankheiten zu schützen.

Heilige und wundersame Pflanzen im Haus verteilt

Wasser spielt auch in Kalabrien die wichtige Rolle: Hier zogen einst die Bäuerinnen am Tag von Christi Himmelfahrt los, noch vor Sonnenaufgang, bevor die Hähne krähen, um eine ganz bestimmte Pflanze zu pflücken. Bei der "erba dell'ascensione" (Himmelfahrtskraut), "santa erva" (Heiliges Kraut), "erba della fortuna" (Glückskraut) handelt es sich in der Regel um sukkulente Pflanzen. Sukkulenten sind saftreiche Fettpflanzen, die an besondere Klima- und Bodenverhältnisse angepasst sind. Wichtig dabei ist, dass sie an Orten gesammelt werden mussten, von denen aus man das Meer nicht sehen konnte.

Die "Fortunella" (dt. Glückskraut) wird in Kalabrien traditionell in dunklen Ecken im Haus platziert.

Die zu kleinen Sträußen gebundenen Pflanzen wurden dann strategisch verteilt im Haus, meist dunklen Ort im Haus, am Bett, am Bild der Heiligen Familie oder direkt neben dem Kruzifix. Die ersten Strahlen der Festtagssonne vertrieben dann die bösen Mächte, die in der Nacht gewirkt hatten. Die lebendige Sonne erinnerte an den auferstandenen und aufgefahrenen Jesus in seiner ganzen Pracht. Man war nicht würdig, dieses Licht zu sehen, und deshalb galt das Gras als heilig, weil man durch es zu Gott aufschauen konnte.

Aber auch in den Regionen Marken, Umbrien und sogar in Norditalien ist die Tradition des Lagerfeuers geblieben und auf vielen Kirchen- oder Dorfplätzen sieht man am Abend von Christi Himmelfahrt Feuer brennen. In Apulien wiederum ist es Brauch, dass die Kinder ein kleines Wasserbecken vorbereiten, das am Abend vor dem Fest auf die Fensterbänke gestellt und mit Rosenblättern und Minze verziert wird. Am Morgen des Festes ist es Brauch, sich mit diesem Wasser das Gesicht zu waschen und sich zu segnen. Wasser und Feuer spielen demnach eine große Rolle an Christi Himmelfahrt in Italien.

Eine große Rolle in der Kunst spielt das Ereignis allemal: Von Giotto und Fra Angelico, über Tintoretto bis hin zum berühmten Michelangelo, vor allem von 1400 bis ins späte 15. Jahrhundert, haben viele italienische Maler das Thema aufgegriffen. Ein Fresko des Merlozzo da Forli befindet sich im Quirinalspalast, dem Dienstsitz des italienischen Präsidenten. 

In der Kunst spielt Christi Himmelfahrt eine große Rolle.

Ob der linkskatholische Regierungspräsident Sergio Mattarella allerdings Interesse daran hat, dass Christi Himmelfahrt wieder ein gesetzlicher Feiertag wird, ist reine Spekulation. Fakt ist allerdings, dass Politiker und Kirche für eine Wiedereinführung kämpfen. Bereits 2018 haben die Senatoren Steger, Unterberger und Durnwalder – alle drei aus Südtirol – einen Gesetzesentwurf eingereicht, um die Festtage als gesetzliche Feiertage wiedereinzuführen. Für die drei Senatoren sollte die "Bedeutung der volkstümlichen Tradition" wiederhergestellt werden, zumal die Feiertage "keine wesentlichen Beeinträchtigungen der Produktivität der Unternehmen mit sich bringt".

Eines der berühmtesten Kunstwerke der Auferstehung Jesu ist das "Trittico" des Dominikanermönchs Fra Angelico.

Ebendiese Beeinträchtigung der Produktivität hatte damals die Regierung dazu bewegt, die Feiertage abzuschaffen, falls sie auf einen Werktag fielen. "Die 1970er Jahre waren Jahre, in denen man von der Ölkrise zu sprechen beginnt, die Arbeitslosigkeit sich bemerkbar macht und die Inflation die Löhne untergräbt. Italien verlangsamt sein Wirtschaftswachstum und sieht sich plötzlich mit den Folgen einer, gelinde gesagt, unklugen Bewältigung des Booms der 1960er Jahre konfrontiert", erklärten die Senatoren damals. Nach über 40 Jahren sei dieses Gesetz nun nicht mehr zeitgemäß.

Gesetzesentwürfe und Petitionen

Dem Gesetzesentwurf von 2018 ist ein weiterer nach vier Jahren gefolgt, aber bisher wurde noch kein geltendes Gesetz entschieden. Dass die Mühlen Italiens langsam mahlen ist nichts Neues, neu ist allerdings, dass kirchliche Laienorganisationen wie die "Pro Italia Cristiana" nicht locker lassen: Auf ihrer Webseite hat sie eine Petition veröffentlicht und sammelt fleißig Unterschriften.

Die Petition ist an die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni gerichtet, die gebeten wird, das Fest des Heiligen Josef, Christi Himmelfahrt, Fronleichnam und das Fest der Heiligen Peter und Paul wiedereinzuführen, da "dies sind sehr wichtige Feste für die Geschichte unseres Landes, sowohl in religiöser als auch in ziviler Hinsicht. Sie heute wieder einzuführen, wäre vor allem deshalb sinnvoll, weil es unsere nationale und volkstümliche Identität, unsere Kultur und unsere Tradition stärken würde". Bleibt abzuwarten, wie die Regierung, die Kirchen - vor allem aber die italienische Bevölkerung - reagieren.