Berlin (epd). Hilfsorganisationen fordern den Erhalt des deutschen Lieferkettengesetzes und deutlichere Sanktionen bei Verstößen. „Das Lieferkettengesetz zeigt Wirkung - aber nur, wenn es auch konsequent durchgesetzt wird“, erklärte die leitende Rechtsberaterin beim European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), Annabell Brüggemann. Sie ist Mitautorin einer Studie des ECCHR, von „Brot für die Welt“ und Misereor, die die Wirkung des Gesetzes untersucht hat.
Die Studie analysiert 18 konkrete Beschwerdefälle gegen deutsche oder in Deutschland tätige Unternehmen aus den ersten beiden Jahren seit Inkrafttreten des Gesetzes im Januar 2023. Den Ergebnissen zufolge haben erste Unternehmen Verbesserungen umgesetzt. So berichteten Arbeiterinnen und Arbeiter auf Bananenplantagen in Ecuador nach einer Beschwerde gegen den deutschen Lebensmittelkonzern Rewe von Lohnerhöhungen und besserem Schutz vor giftigen Pestiziden.
Die neue Bundesregierung aus Union und SPD plant, das Anfang 2023 eingeführte Lieferkettengesetz abzuschaffen. Stattdessen soll die europäische Lieferkettenrichtlinie, deren Inkrafttreten zuletzt auf 2028 verschoben wurde, mit einem neuen Gesetz „bürokratiearm und vollzugsfreundlich“ umgesetzt werden.
Diese geplanten Änderungen gehen aus Sicht von „Brot für die Welt“-Referentin Maren Leifker in die falsche Richtung: „Besonders problematisch ist, dass künftig nur noch 'massive Menschenrechtsverletzungen' sanktioniert werden sollen.“ Zum Nachteil von Betroffenen würden dadurch Menschenrechtsverletzungen in tolerierbare und sanktionierbare unterteilt und rechtliche Grauzonen geschaffen.
Auch Misereor-Experte Armin Paasch warnte: „Die im Sommer 2024 in Kraft getretene EU-Richtlinie darf keinesfalls weiter verwässert oder gar abgeschafft werden.“ Er erinnerte zudem daran, dass sowohl EU-Recht als auch Völkerrecht Rückschritte beim Schutz der Menschenrechte verböten, wie sie im Koalitionsvertrag angekündigt werden.
Die Organisationen fordern statt einer Abschwächung des Gesetzes dessen konsequente Umsetzung. Die Studie empfiehlt konkrete Verbesserungen bei den Beschwerdemechanismen sowie mehr Transparenz, Kontrolle und eine entschlossene Sanktionierung von Verstößen durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle.