Hannover (epd). Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister hat erneute Rücktrittsforderungen von Betroffenen sexualisierter Gewalt zurückgewiesen. Er sehe darin keine neue Qualität, sagte Meister am Freitag am Rande der in Hannover tagenden evangelischen Landessynode. Auch Vertreter der Synode erklärten, sie sähen keinen Anlass für einen Rücktritt.
Meister dankte den Synodalen für ihren Rückhalt, aber auch für ehrliche Kritik, die er in den Synodalgruppen bekommen habe. Er unterstrich: „Ich sehe mich den Betroffenen und der Synode verpflichtet.“ Die Verantwortung für das Thema sexualisierte Gewalt sei „eine persönliche, aber auch gemeinschaftliche“.
Bei der Frühjahrstagung der Synode hatten Betroffene zuvor kritisiert, der Bischof zeige kein Interesse am Thema Missbrauch. Ihre Äußerungen wurden von „Sprechern des Publikums“ vor dem Kirchenparlament vorgetragen. Sie hatten bereits im vergangenen Jahr den Rücktritt des Landesbischofs gefordert.
Der Betroffenenvertreter Detlev Zander erklärte, die erneuten Rücktrittsforderungen kämen „nicht aus dem Nichts“. Sie seien Ausdruck einer berechtigten Enttäuschung über strukturelles Versagen, ausbleibende Konsequenzen und die anhaltende Missachtung der Perspektiven Betroffener. Er erwarte von Meister „ein klares Zeichen“ der Verantwortungsübernahme. Zander ist Sprecher der Betroffenen im Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Diakonie. Er verfolgte die Debatte per Livestream.
Der Präsident des Landeskirchenamtes, Jens Lehmann, betonte, die Zuständigkeit für die Umsetzung aller Maßnahmen zur Aufklärung, Aufarbeitung und Prävention von sexualisierter Gewalt in der Landeskirche liege bei ihm. Er gebe sein Bestes, um dieser Verantwortung nachzukommen und tue dies im regelmäßigen Gespräch mit Betroffenen. Die Landeskirche unternehme große Anstrengungen, unterstrich er. So würden bis Ende 2026 alle mehr als 120.000 hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeitenden für den Umgang mit sexualisierter Gewalt geschult.
Kritik der Betroffenen brachte Marlene Kowalski, Leiterin der Fachstelle für sexualisierte Gewalt bei der Diakonie Deutschland, als „Sprecherin des Publikums“ vor die Synode. So empfänden betroffene Personen den bisherigen Umgang der Synodalen mit dem Thema sexualisierte Gewalt als „kalt und distanziert“. Oft würden begonnene Kontakte zu Betroffenen wieder abgebrochen.
Auch seien bei vielen Synodalen Hemmungen zu spüren, sich mit dem Thema sexualisierte Gewalt offen zu befassen. Zudem schilderte Kowalski den Eindruck Betroffener, wonach kirchliche Mitarbeitende Angst davor hätten, Kritik gegenüber der Kirchenleitung offen zu äußern. Diese Kritik wies Kirchenamtspräsident Lehmann zurück: Zu ihm könne jeder kommen, wenn er oder sie Kritik habe.
Der Synodale Martin Steinke betonte, die oft starren Regeln der Synodensitzungen machten es nicht leicht, angemessen auf kritische Eingaben von Betroffenen einzugehen. „Wir sind da auch in einer Blase gefangen“, räumte er ein: „Wir müssen lernen, über Mauern zu springen.“
Holger Siebert, Vorstand des Evangelisch-lutherischen Missionswerks in Niedersachsen, sagte vor der Synode: „Ich schäme mich für meine Kirche. Ich schäme mich, dass wir nicht der Schutzraum sein können, der wir sein wollen.“