Berlin (epd). Russen, die in Deutschland Schutz vor dem Militärdienst oder einem Fronteinsatz in der Ukraine suchen, haben offenbar kaum Chancen auf Asyl oder einen anderen Status. Mehr als drei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine haben bislang nur knapp 350 russische Staatsbürger im wehrfähigen Alter Asyl oder einen anderen Schutz in Deutschland erhalten, wie das Bundesinnenministerium auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag antwortete. Zuerst hatten die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch) darüber berichtet.
Von Anfang 2022 bis April 2025 stellten demnach insgesamt 6.374 Männer mit russischem Pass im Alter zwischen 18 und 45 einen Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Von ihnen wurden 349 als Asylberechtigte oder Flüchtlinge anerkannt, erhielten subsidiären Schutz oder profitierten von einem Abschiebungsverbot.
Die restlichen Anträge wurden entweder abgelehnt oder ein anderer europäischer Staat war für das Verfahren zuständig gewesen. Seit Februar 2022 wurden laut Ministerium zusätzlich 2.150 Visa für russische Staatsangehörige erteilt.
Die Linken-Abgeordnete Clara Bünger kritisierte die Entscheidungspraxis. „Gemessen an schätzungsweise Hunderttausenden, die Russland seither verlassen haben, um sich dem Kriegsdienst zu entziehen, ist das eine beschämend niedrige Zahl“, sagte sie den Funke-Zeitungen. Bünger erinnerte an Aussagen des damaligen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD), der sich im Jahr 2022 dafür ausgesprochen hatte, russischen Staatsbürgern, die sich nicht an dem Krieg beteiligen wollen und die Einberufung verweigern, Schutz anzubieten.