Berlin, Karlsruhe (epd). Mit einem Großaufgebot von 800 Einsatzkräften, vier Festnahmen und zahlreichen Beschlagnahmungen ist Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) am Dienstag gegen die größte Reichsbürger-Vereinigung Deutschlands vorgegangen: Das „Königreich Deutschland“ ist verboten. Der Verein habe sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet und einen von der Bundesrepublik abgespaltenen „Gegenstaat“ errichten wollen, sagte Dobrindt am Dienstag in Berlin. Vier Männer wurden festgenommen, darunter der Kopf des Vereins.
Das 2012 gegründete „Königreich“ hatte laut Dobrindt zuletzt schätzungsweise rund 1.000 Anhängerinnen und Anhänger; der Verein selbst sprach in der Vergangenheit von etwa 6.000. Die Gruppe erkennt die Existenz der Bundesrepublik Deutschland nicht an und schuf laut Innenministerium Parallelstrukturen wie eine eigene Rechtssprechung und Polizei sowie ein Bank- und Versicherungssystem. Das Ministerium nennt die Gruppe „dezidiert profitorientiert“.
Die Aktivitäten seien „eingebettet in eine antisemitisch konnotierte verschwörungstheoretische Verächtlichmachung von staatlichen Institutionen Deutschlands und anderer Länder“, erklärte das Innenministerium weiter. Diese würden als „satanisch unterwandert“ oder „von jüdischen Clans gelenkt“ dargestellt.
Dobrindt betonte, es handele sich bei der Gruppe nicht um „harmlose Nostalgiker“, sondern vielmehr um „kriminelle Strukturen und ein kriminelles Netzwerk“. Das Verbot zeige, „dass wir entschlossen gegen diejenigen vorgehen, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung angreifen wollen“. Auch Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) erklärte, Reichsbürger seien „Feinde unserer Demokratie - keine harmlosen Sonderlinge“.
Laut Dobrindt waren an Durchsuchungsaktionen gegen den Verein in sieben Bundesländern mehr als 800 Beamtinnen und Beamte im Einsatz. Beim festgenommenen Anführer des Vereins handelt es sich um den selbst ernannten König, Peter F., der bereits mehrfach vor Gericht stand und auch schon im Gefängnis saß.
Bei den Razzien in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wurden laut Innenministerium „drei Vereinsimmobilien, zahlreiche Fantasiedokumente, Vereinsunterlagen, Datenträger und Dokumente, Bargeld sowie diverse Landmaschinen und Fahrzeuge“ beschlagnahmt. Auch in der Schweiz wurde nach Angaben der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe die Wohnung eines Beschuldigten durchsucht.
Die Festnahmen erfolgten laut Bundesanwaltschaft in Rheinland-Pfalz, Sachsen und Brandenburg. Die vier Männer seien dringend verdächtig, „Rädelsführer in einer kriminellen Vereinigung“ gewesen zu sein. Bei Peter F. gehe es zudem um unerlaubte Einlagen- und Versicherungsgeschäfte.
Die brandenburgische Innenministerin Katrin Lange (SPD) begrüßte die Verbotsentscheidung „ausdrücklich“, wie sie dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte. In Brandenburg sind laut Verfassungsschutz mehrere Betriebe eine tragende Säule der Gruppierung.
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Britta Haßelmann, zeigte sich erleichtert über das Verbot. Es sei ein „wichtiger und notwendiger Schritt im Kampf gegen Feinde der Verfassung“, sagte sie. „Wir wissen um die Gefahren und die Gefährlichkeit solcher rechtsextremen Gruppierungen. Sie lehnen diesen Staat ab, sie lehnen diese Verfassung ab, die Freiheit und Demokratie, in der wir leben.“
Die Vorbereitungen des Vereinsverbots liefen nach Dobrindts Worten bereits seit Wochen. Sie begannen somit noch in der Amtszeit seiner Vorgängerin Nancy Faeser (SPD).