Razzia nach Verbot von Reichsbürger-Verein

Polizeieinsatz vor einem Gebäude der Reichsbürger-Gruppe "Königreich Deutschland" in Gera.
Bodo Schackow/dpa
Auch in Gera in Thüringen durchsuchten Polizeibeamte nach dem Verbot der Reichsbürger-Gruppe ein Gebäude, in dem mehrfach Treffen stattfanden.
"Königreich Deutschland"
Razzia nach Verbot von Reichsbürger-Verein
Bundesinnenminister Dobrindt hat einen Reichsbürger-Verein verbieten lassen. Das "Königreich Deutschland" richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung, hieß es. Es gab vier Festnahmen.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat den Verein "Königreich Deutschland" verboten. Zweck und Tätigkeit des größten Vereins aus der Reichsbürger- und Selbstverwalter-Szene liefen "den Strafgesetzen zuwider und richten sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung sowie den Gedanken der Völkerverständigung", erklärte das Ministerium am Dienstagmorgen in Berlin. Die Bundesanwaltschaft ließ vier Männer verhaften.

Dobrindt erklärte, die Mitglieder des Vereins untermauerten "ihren vermeintlichen Herrschaftsanspruch durch antisemitische Verschwörungserzählungen" und hätten wirtschaftskriminelle Strukturen aufgebaut. Das Verbot umfasst den Ministeriumsangaben zufolge auch die zahlreichen Teilorganisationen des Vereins. Die Anhängerschaft von "Königreich Deutschland" bestehe nach dessen eigenen Angaben aus 6.000 Personen.

Nach Darstellung des Ministeriums durchsuchten seit den frühen Morgenstunden Hunderte Einsatzkräfte in sieben Bundesländern Liegenschaften des Vereins und Wohnungen von führenden Mitgliedern. Ziel der Razzien in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sei es, Vereinsvermögen zu beschlagnahmen und "weitere Beweismittel für die verfassungsfeindlichen Ziele und Aktivitäten des Vereins sicherzustellen".

Laut Bundesanwaltschaft vollstreckten Beamte des Bundeskriminalamts in den Landkreisen Bad Dürkheim in Rheinland-Pfalz, Mittelsachsen in Sachsen und Oder-Spree in Brandenburg Haftbefehle eines Ermittlungsrichters am Bundesgerichtshof gegen vier Männer. Zudem durchsuche die Kantonspolizei im schweizerischen Solothurn die dortige Wohnung eines anderen Beschuldigten.

Das Ministerium teilte mit, das "Königreich Deutschland" sei 2012 in Wittenberg von dem als "Obersten Souverän" geltenden Peter F. ausgerufen worden. Der Verein gelte als derzeit mitgliederstärkste Vereinigung im Spektrum der sogenannten Reichsbürger und Selbstverwalter in Deutschland, die die Existenz der Bundesrepublik leugneten und deren Rechtssystem ablehnten. Das "Königreich Deutschland" betrachte sich als "Gegenstaat" unter monarchisch-absolutistischer Führung F.s mit eigener Rechtsprechung.

Auch lehnten die Mitglieder das Gewaltmonopol der Bundesrepublik ab und stellten die staatlichen Institutionen Deutschlands sowie anderer Länder als satanisch unterwandert oder von jüdischen Clans gelenkt dar. "Das kann in unserem Rechtsstaat nicht geduldet werden", betonte Dobrindt. "Wir gehen entschlossen gegen diejenigen vor, die unsere freiheitliche demokratische Grundordnung angreifen."

 

Das "Königreich Deutschland"
Beim nun verbotenen "Königreich Deutschland" handelt es sich laut Bundesinnenministerium um die größte Vereinigung der sogenannten Reichsbürger- und Selbstverwalter-Szene. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) sprach am Dienstag von schätzungsweise rund 1.000 Anhängerinnen und Anhängern. Sie erkennen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland nicht an und lehnen damit verbundene Institutionen ab, etwa das Rechtssystem.

Dementsprechend errichtete die Gruppierung selbst "pseudostaatliche Strukturen und Institutionen", wie es die Bundesanwaltschaft formuliert. Unter anderem wurden demnach ein Bank- und Versicherungssystem, ein "Meldeamt mit fiktiven Ausweisdokumenten" und eine eigene Währung geschaffen.
Die Bank- und Versicherungsgeschäfte halfen bei der Geldbeschaffung, weitere Mittel flossen als Spenden oder Einnahmen aus Seminaren. Das Bundesinnenministerium bezeichnet die "dezidierte profitorientierte Ausrichtung" der Vereinigung als "wesensprägend". Laut dem Bundesamt für Verfassungsschutz warb die Gruppe um Unterstützung auch mit dem Argument, im "Königreich" müssten keine Steuern an die Bundesrepublik gezahlt werden.
Die Ideologie des "Königreichs" ist laut Innenministerium verschwörungstheroretisch und antisemitisch geprägt. Die staatlichen Institutionen Deutschlands und anderer Länder werden demnach "als satanisch unterwandert" oder "von jüdischen Clans gelenkt" dargestellt.
Gegründet wurde das "Königreich" 2012 in Wittenberg. Kopf des Vereins ist Peter F., der bereits mehrfach vor Gericht stand und auch schon im Gefängnis saß. Er wurde am Dienstag festgenommen.