Berlin (epd). Bei den angekündigten Zurückweisungen von Asylbewerbern an den deutschen Grenzen beruft sich die Bundesregierung auf nationales Recht. „Rechtsgrundlage ist das nationale Recht“, sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius am Montag in Berlin und verwies auf den Paragrafen 18 im deutschen Asylgesetz, laut dem Asylsuchende unter anderem dann zurückgewiesen werden können, wenn sie aus einem sicheren Drittstaat einreisen.
Der Passus im deutschen Gesetz steht im Widerspruch zum europäischen Dublin-System, nachdem die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, bei Asylsuchenden zumindest zu prüfen, welcher Staat für das Verfahren zuständig ist. Die von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) angekündigten Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen sind deswegen europarechtlich umstritten. EU-Regelungen sind in der Regel höherrangiger als nationales Recht.
Dobrindt hatte bei der Anordnung schärferer Grenzkontrollen auf Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union verwiesen, der für EU-Mitgliedstaaten Ausnahmen von europäischen Regelungen „für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit“ vorsieht. Kornelius sagte dazu, die Voraussetzungen dieses Artikels lägen vor, die rechtliche Basis für die Zurückweisungen sei aber das deutsche Asylgesetz.
Dem Regierungssprecher zufolge sollen die Zurückweisungen von Asylbewerbern „sukzessive und mit Augenmaß“ erhöht werden. Ausnahmen soll es für vulnerable Gruppen geben, etwa Kleinkinder, schwangere Frauen und „sichtbar Erkrankte“, wie Kornelius sagte. Es gebe dabei einen Ermessensspielraum für die betroffenen Beamten. Das Bundesinnenministerium konnte derweil noch keine Angaben dazu machen, wie viele Menschen seit der Anordnung Mitte vergangener Woche an der deutschen Grenze abgewiesen wurden. Dafür sei es noch zu früh, sagte ein Sprecher.