Halbinsel
Ein eindringlicher, feinfühliger Roman über die Verständigung zwischen den Generationen und die drängenden Fragen unserer Zeit.
Annetts Tochter Linn ist geradezu in die Welt geflogen: Abitur, Auslandssemester, Master, dann ein verheißungsvoller Job als Umweltberaterin in Berlin. Doch dann bricht sie während eines Vortrags zusammen und Annett holt ihre 25jährige Tochter nach Hause in das Haus an der Nordsee. Dort hat sie sie seit dem frühen Tod des Vaters allein großgezogen. In die anfängliche Freude über die gemeinsame Zeit mischt sich bald mütterliche Unruhe. Warum liegt die immer so vorzeigbare Tochter, für deren Zukunft sie alles gegeben hat, scheinbar nur herum? Was ist in Berlin passiert? Da braut sich etwas zusammen in Kristine Bilkaus Roman "Halbinsel", der gekonnt das Private wie das Politische auslotet und sehr gewandt mit Naturmetaphern und Verweisen auf nordische Sagen und Mythen spielt. Annett wird damit konfrontiert, dass ihre Tochter vor allem für ihr Wohlergehen funktionieren muss und sie ihre Krise kaum aushält ...
Gerade hat Kristine Bilkau mit "Halbinsel" den Preis der Leipziger Buchmesse 2025 gewonnen, zu recht.
Ein gut zu lesender Roman mit Tiefendimension. Sehr geeignet für Lesekreise und Gesprächsgruppen. Marie Varela
Halbinsel. Roman. Kristine Bilkau. München: Luchterhand 2025. 220 S. ; 22 cm.
ISBN 978-3-630-87730-3, geb.: 24,00 €
Zu lieben
Wie geht das? Ein 3-jähriges Kind aus Sri Lanka zu adoptieren? Kommt die Liebe einfach so? Autobiographische Erzählung.
Ein wohlhabendes westeuropäisches weißes Paar Anfang 40 entscheidet sich nach viel Kummer durch ungewollte Kinderlosigkeit für eine Auslandsadoption. Zur Wahl stehen: Afrika, Südamerika, Mongolei, und Sri Lanka. Man wählt Sri Lanka und wartet. Das Warten ist etwas Normales für Paare mit Kinderwunsch. Als dann der Anruf kommt und die Aussicht auf ein 3jähriges Mädchen beginnt die Gedankenmühle. Die Zeit scheint stillzustehen und zu rasen - alles gleichzeitig. Die Autorin schreibt über sich selbst, über ihre Ängste und Sehnsüchte. Sie beobachtet alles ganz genau, so dass eine Sachlichkeit entsteht, eine Art Bericht, der von starken Emotionen unterwandert ist. Die mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Autorin ist wie in anderen Titeln fasziniert vom Ausdruck des Unsagbaren in Sprache. Dies ist die Geschichte einer Mutter- und Elternschaft unter besonderen Vorzeichen und auch die Geschichte einer Annäherung zwischen Welten.
Für interessierte Leserinnen kein leichtes Buch über ungewollte Kinderlosigkeit und die aufwühlende Adoption. Ein Selbsterfahrungsbericht. Neue Familienbilder, über die sie auch schreiben möchte, werden hingegen nur gestreift. Bettina Wolf
Zu lieben. Roman. Ulrike Draesner. München: Penguin 2024. 345 S. ; 22 cm.
ISBN 978-3-328-60341-2, geb.: 24,00 €
Im Prinzip ist alles okay
Postnatale Depression, Kindheitstraumata und die Frage nach dem besten Leben: ein erfrischendes Prosa-Debüt.
Miryam ist 30 Jahre alt und gerade Mutter geworden. Sie postet Selfies von sich auf Instagram, steuert raffinierte Salate zum Buffet bei der Selbstliebehochzeit einer Freundin bei und informiert sich über bedarfsorientiere Erziehung. Sie will die perfekte Mutter sein, die sie selbst nie hatte. Denn mit der Geburt ihres Kindes, das in weiten Teilen des Romans namenslos bleibt, kommen auch alte Traumata aus ihrer eigenen, von Gewalt geprägten Kindheit wieder hoch. Wie kann sie alles besser machen und verhindern, dass sie alte Muster nachahmt? Unter einer postnatalen Depression leidend verschwindet Miryam zunehmend in den Sozialen Medien, im Online-Shopping und im Schlaf – und als die Beziehung zu ihrem Partner und Kindsvater droht, in die Brüche zu gehen, zieht sie alle Register, um die Kernfamilie intakt zu halten.
Yasmin Polats Debüt erzählt von einem andauernden Ausnahmezustand, der von außen vollkommen normal aussehen muss – und von der Kraft, die es verlangt, sich selbst zu retten.
Für junge Mütter und all jene, die junge Mütter kennen. Mara Becker
Polat, Yasmin: Im Prinzip ist alles okay. Roman. Yasmin Polat. Hamburg: Goya 2023. 333 S. ; 21 cm.
ISBN 978-3-8337-4563-8, geb.: 22,00 €
Mama braucht ‘ne Pause. Raus aus der Mental-Load-Falle, rein in eine faire Partnerschaft
Zwei gleich gut ausgebildete Partner und kaum kommen Kinder, wird nur ihr "Wäscheberg" immer größer.
Männer und Frauen fallen in traditionelle Muster, sobald sie eine Familie gründen. Corona hat die Situation noch einmal verschärft. So weit, so bekannt. Wie aber Mary Catherine Starr die Mechanismen und Fallstricke darstellt, die in eigentlich modernen Familien immer noch wirken, ist anschaulich, entwaffnend und oft wahnsinnig witzig. Dass ihr mit "Mama braucht ’ ne Pause" ein wirklich lohnendes Buch gelungen ist, liegt vor allem an ihrer intelligenten Umsetzung der Baustellen einer Partnerschaft mit Kindern in Comics. Da sind Situationen zu sehen, in der sich Paare weltweit wiederfinden. Das zeigt auch die Resonanz auf Starrs Instagram-Account, in dem sie die im Band versammelten Comics zuerst veröffentlich hat. Ihr Post zur "Doppelmoral in der Elternschaft" in der Vater und Mutter bei der selben Handlung gezeigt werden, die von außen jeweils sehr unterschiedlich bewertet wird, ging viral. Eine Mutter am Handy ist z.B. eine unaufmerksame Mutter, ein Vater am Handy ist ein moderner Papa ... Ein gehaltvoller und kurzweiliger Lesespaß mit z.T. schmerzhaften Aha-Momenten!
Ein Buch, das sich wunderbar dafür eignet, als Paar über die Rollenverteilung zu sprechen, zu verhandeln. Erfrischend ist, dass hier kein "Männer-Bashing betrieben wird", sondern die Autorin auch den weiblichen Anteil an der Problematik sieht. Marie Varela
Mama braucht ‘ne Pause. Raus aus der Mental-Load-Falle, rein in eine faire Partnerschaft. Mary Catherine Starr. Dt. von Susanne Philippi u. Florian Schwarz. Köln: DuMont 2025. 303 S. : überw. Ill. ; 24 cm.
Aus d. Engl.
ISBN 978-3-7558-2015-4, geb.: 28,00 €
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