Kirchentag: Theologin wirbt für Toleranz ohne einfache Kompromisse

Kirchentag: Theologin wirbt für Toleranz ohne einfache Kompromisse

Hannover (epd). Im Schlussgottesdienst des evangelischen Kirchentages in Hannover hat die evangelische Theologin Hanna Reichel zu mehr Toleranz aufgerufen. „Gottes Liebe sucht bis in den letzten Ecken nach denen, für die wir keine Zeit haben“, sagte sie in einem Freiluftgottesdienst vor Tausenden Menschen auf dem zentralen „Platz der Menschenrechte“. Toleranz bedeute aber nicht, sich wegzuducken und einfache Kompromisse einzugehen. „Uns trennen Gräben - auch gesellschaftlich“, sagte sie. „Da können wir nicht einfach mit Liebe drüberbügeln.“

Die Liebe Gottes ermutige auch dazu, zu widersprechen, wenn etwas falsch sei, sagte die Theologieprofessorin, die in Princeton in den USA lehrt. Als Beispiel nannte sie den amerikanischen Vizepräsidenten JD Vance. Dieser habe über eine „Ordnung der Liebe“ geredet. Aus seiner Sicht bedeute dies, zuerst die eigene Familie zu lieben, dann sein Volk und erst später vielleicht auch noch andere Menschen. Reichel betonte dagegen: „Gottes Liebe macht nicht an deinem Gartenzaun halt.“ Sie fügte als Kommentar zu Vance an: „Gottes Liebe ist weiter als dein social network und weiter als deine tea party, und ganz bestimmt größer als dein erbärmlicher Rassismus.“

Angst sorge für einen engen Blick, mit dem niemand Politik machen sollte, sagte Reichel. Gottes Liebe jedoch helfe dabei, Zumutungen im Miteinander auszuhalten. Die Menschen seien aufeinander angewiesen, wenn es darum gehe, den gemeinsamen Planeten zu bewahren, sagte Reichel zum Abschluss des fünftägigen Kirchentages.