Hannover (epd). Der Physiker und Erdsystemanalytiker Wolfgang Lucht hat davor gewarnt, sich beim Klimaschutz zu sehr in Technologiefragen zu verlieren. Diese Diskussion verschleiere die Erkenntnis, „dass wir über unsere Verhältnisse leben - auf Kosten ärmerer Länder und der jungen Generation - das haben wir uns noch nicht wirklich eingestanden“, sagte der Professor vom Potsdam-Institut für Klimaforschung am Samstag auf dem Kirchentag in Hannover.
An der Diskussion „Klimaschutz zwischen Technik und Genügsamkeit“ nahmen auch Klimaaktivistin Luisa Neubauer und Holger Lösch vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) teil. Neubauer betonte, dass 89 Prozent der Weltbevölkerung sich von ihren Regierungen mehr Klimaschutz wünschten. Der Industrie warf sie „fossiles Wüten“ und das „Zerhäckseln des Planeten“ vor. „Die Industrie hat uns belogen und betrogen, jetzt, wo die erneuerbare Zukunft am Horizont erkennbar ist, dürfen wir uns nicht erneut von ihr abhängig machen“, warnte die Klimaaktivistin.
Lösch entgegnete, man dürfe nicht die Augen davor verschließen, dass sich das Land in einer „schweren Wirtschaftskrise“ befinde: „Wir brauchen Wachstum.“ Er kritisierte übermäßige Regulierungen aus Brüssel: „Ich kann nur bitten, lasst die Unternehmen machen.“
Mit großer Mehrheit nahmen die Kirchentagsbesucher eine Resolution der Organisation „Eine Erde - das ökumenische Netzwerk“ an. Darin wird die neue Bundesregierung aufgefordert, „unverzüglich und konsequent den Weg zur Klimagerechtigkeit fortzusetzen“. Klimaschutz sei nicht nur notwendig, sondern auch eine Chance für Arbeitsplätze und Fortschritt.