Wie ein "Nach-Hause-Kommen"

Menschenmassen bei Kirchentag in Hannover
epd-bild/Tim Wegner
Viele Menschen besuchten den Eröffnungsgottesdienst des 39. Deutschen Evangelischen Kirchentags vor dem Neuen Rathaus in Hannover.
Auftakt des Kirchentags 2025
Wie ein "Nach-Hause-Kommen"
Luft holen, feiern, sich öffnen für das, was kommt: Das alles ist der "Abend der Begegnung", mit dem der Kirchentag in Hannover am Mittwoch gestartet ist. Ein Straßenfest, das viel mit Familie zu tun hat.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist begeistert: "Was für eine Kulisse, was für ein Wetter", ruft er der Menschenmenge am Mittwochabend nach dem Eröffnungsgottesdienst auf dem "Platz der Menschenrechte" in Hannover zu.

Und nein, ein Wunder sei das nicht: "Es ist Kirchentag." Er habe sich auf die Menschen, auf den Moment der Eröffnung, auf Hannover gefreut, bekräftigt das Staatsoberhaupt zum Auftakt des 39. Deutschen Evangelischen Kirchentages, der bis Sonntag in der niedersächsischen Landeshauptstadt gefeiert wird.
Unter der biblischen Losung "mutig - stark - beherzt" gehören und 1.500 Veranstaltungen zum Programm, darunter Bibelarbeiten, Podien, Gottesdienste und große Konzerte - und der traditionelle "Abend der Begegnung" nach den Eröffnungsgottesdiensten. Der Kirchentag, schwärmt Steinmeier, sei für ihn wie ein "Nach-Hause-Kommen": "Man trifft bekannte Gesichter, Weggenossen und freut sich über ein Wiedersehen."

Auch für den Kirchentag selbst ist es ein "Nach-Hause-Kommen". Hier in Hannover wurde das Treffen 1949 als evangelische Laienbewegung ins Leben gerufen - damals noch ohne die große Party, die der "Abend der Begegnung" mit seinen diesmal rund 150.000 Gästen in der hannoverschen Innenstadt ist.
Auf 14 Bühnen und Aktionsflächen gibt es Musik für jeden Geschmack. An 200 Aktionsständen können Besucherinnen und Besucher sehen, was die gastgebende Kirche in Niedersachsen ausmacht. Und wie sie schmeckt: Die Speisekarte in den Imbiss-Pavillons reicht vom Calenberger Zuckerkuchen über Tee und Krintstuut aus dem küstennahen Ostfriesland bis zur Wildschweinwurst aus dem Höhenzug des waldigen Deister.

"An jeder Ecke treffe ich jemanden, den ich kenne", freut sich Heike Proske, die mit dem Zug aus Dortmund angereist ist. "Das ist wie Familie", findet ähnlich wie Steinmeier auch die 63-jährige Theologin. Der Abend sei für sie aber nicht nur ein Durchatmen, bevor es in den kommenden Tagen auf Podien, in Diskussionen und Workshops um die großen Krisen und Themen der Gegenwart gehe: "Es ist ein Abend, der mich für das öffnet, was kommt, der bereit macht, neue Impulse aufzunehmen." Die Stimmung, der Spirit des Kirchentags, bauten dafür eine stabile Brücke: "Überall Menschen mit einem Lächeln auf den Lippen."

Sie freue sich auf ganz unterschiedliche Leucht-Momente in den kommenden Tagen, hatte Kirchentagspräsidentin Anja Siegesmund kurz zuvor noch gesagt. Der Mittwochabend gehört für Jonas Heemann unbedingt dazu. Der 19-Jährige ist aus Nürnberg gekommen, wo vor zwei Jahren Kirchentag gefeiert wurde. "Sehr bunt, an jeder Ecke gibt es Überraschendes zu entdecken", begeistert sich der kirchliche FSJler nun für die riesige Partymeile in der Innenstadt. So etwa das Doppelbett, in das sich fußlahme Kirchentagspilger an der Marktkirche fallen lassen können, eine "Kusshaltestelle" ein paar Schritte weiter, Glitzertattoos oder reichlich "Segen to go" in Nachbarschaft zum Landtag.

Er freue sich aber auch, "einfach mal Gast sein zu dürfen", betont Jonas Heemann beim Schlendern durch die Altstadt-Gassen. Er hoffe in Hannover auf eine gute Zeit, um miteinander reden zu können, sich auszutauschen "und vielleicht ein bisschen die Welt zu verändern". Da sei das Motto des Kirchentags genial, meint Heike Proske: "Ich wünsche mir Ermutigung, um beherzt die Themen anzugehen, die uns auf den Nägeln brennen - für mich, für die Gesellschaft, für die Zukunft."

Vielleicht hilft dabei auch das Lichtermeer, das auch in Hannover erfunden wurde, damals, beim Kirchentag 2005. Zum Ende des "Abends der Begegnung" werden tausende Kerzen entzündet: ein herzerwärmender Moment, der für viele Gäste der Höhepunkt des kirchlichen Straßenfestes ist. Und vielleicht auch Inspiration für die nächsten Tage.