Landesverband: Juden wieder in der Täterrolle

Landesverband: Juden wieder in der Täterrolle
30.04.2025
epd
epd-Gespräch: Oliver Gierens

Magdeburg (epd). Die Vorsitzende des Landesverbandes Jüdischer Gemeinden in Sachsen-Anhalt, Inessa Myslitska, sieht Juden wieder starken Anfeindungen ausgesetzt. Nach dem Attentat der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 habe es zunächst eine große Solidaritätswelle gegeben, sagte Myslitska in Magdeburg dem Evangelischen Pressedienst (epd). Mittlerweile habe sich die Täter-Opfer-Rolle aber umgekehrt.

„Und wir haben wieder verstanden: Genauso wie in den dunkelsten Zeiten der deutschen Geschichte sind wir als Juden angeblich wieder schuld“, sagte Myslitska, die als Nachfolgerin von Max Privorozki den Landesverband seit Dezember 2024 leitet. Zwar gebe es in Magdeburg nicht so eine starke Präsenz der Pro-Palästina-Bewegung wie in Berlin oder Frankfurt am Main. Unmittelbar nach dem Anschlag seien einige antisemitische Vorfälle registriert und angezeigt worden. „Es sind eher die antiisraelischen Meinungen und die Stimmungen, etwa an den Universitäten, die uns Sorgen machen“, betonte Myslitska, die auch Vorstandsvorsitzende der Synagogen-Gemeinde zu Magdeburg ist.

Anfeindungen oder Hasskriminalität hätten die jüdischen Gemeinden im Land nach dem 7. Oktober nicht massiv erlebt. Dennoch hätten sich nach Angaben der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus die antisemitischen Vorfälle im Land im vergangenen Jahr verdreifacht.

So habe es auf dem jüdischen Friedhof in Dessau mehrere Fälle von rechtsextremen Schmierereien, zum Beispiel Hakenkreuze, und Beschimpfungen in arabischer Sprache gegeben. Auf dem Friedhof in Haldensleben seien Bronzetafeln gestohlen worden. Außerdem wurden zuletzt in Magdeburg und Zeitz mehrere Stolpersteine entfernt oder beschädigt.

Sowohl die Wahlerfolge der AfD in Sachsen-Anhalt wie die starke Zuwanderung von Muslimen in den vergangenen Jahren bedeuteten für die Juden im Land eine Bedrohung. „Man kann sich Gedanken machen, was uns im nächsten Jahr bei der Landtagswahl zu erwarten hat“, meinte Myslitska mit Blick auf die AfD. Aber auch antiisraelische Demonstrationen und Flaggen mit „Juden raus“-Parolen würden die Mitglieder als bedrohlich empfinden.

Als Landesvorsitzende wolle sie dazu beitragen, dass sich die jüdischen Gemeinden in der Öffentlichkeit stärker zeigten, um das Interesse für deren Kultur und Traditionen weiter zu steigern. Zudem will der Verband nach eigenen Angaben das interkulturelle und interreligiöse Gespräch ausbauen.