Facebook zwischen Datenschutz und Börsengang

dpa/Oliver Berg
Mit Argusaugen schaut nicht nur die Finanzwelt auf den Börsengang von Facebook. Auch die Datenschützer dieser Welt beobachten den Social-Media-Giganten genau.
Facebook zwischen Datenschutz und Börsengang
Facebook versilbert seine Nutzerdaten trotz Kritik an neuen Richtlinien
Die Daten eines Facebook-Nutzers sind bis zu 110 Dollar wert – folgt man der anfänglichen Börsenbewertung für das soziale Netzwerk. Trotz jüngster Änderungsvorschläge in Sachen Datenschutz halten europäische Datenschützer Facebooks Geschäftsmodell jedoch noch immer für rechtswidrig.

Seit Freitag, 18. Mai, werden Facebook-Aktien an der New Yorker Börse Nasdaq gehandelt. Der Konzern erhöhte in der Woche vor dem Börsengang die Preisspanne für die Anteilsscheine. 16 Milliarden Dollar hat der Gang an de Börse gebracht, am ersten Handelstag sollte der Kurs den Erwartungen zufolge noch deutlich steigen. Der Konzern wird damit auf zwischen 93 und 104 Milliarden Dollar bewertet.

Rechnet man diesen Preis auf die Nutzer um, so bedeutet dies, dass Investoren davon ausgehen, dass pro Facebook-Mitglied ein Gewinn von rund 110 Dollar möglich ist. Die Nutzerdaten sind es, die den Wert des Unternehmens ausmachen – und mit 900 Millionen Nutzern ist bereits fast ein Siebtel der Weltbevölkerung dabei. Im Prinzip stellen die Nutzer ihre Daten dem Konzern unentgeltlich für Werbezwecke zur Verfügung.

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Der schleswig-holsteinische Landesdatenschützer Thilo Weichert hält das Geschäftsmodell von Facebook im Kern sogar für illegal. So schreibt er in einem Meinungsbetrag für "The European": "Die Zusammenführung und Auswertung der Nutzungs- und Profildaten zu Marketingzwecken, die Erfassung von Drittdaten aus Adressbuchkopien, die Generierung biometrischer Bilddatenbestände, die erlaubnisfreie Datenweitergabe etwa an Applikationsanbieter, die Missachtung des Verbraucherschutzrechts und des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Verweigerung von Auskunft, Löschung und sonstigen Betroffenenrechten, die fehlende Transparenz und die fehlenden Wahlmöglichkeiten, die Verarbeitung in den USA und die Nutzungsmöglichkeit durch US-Behörden, die ungebremste Kommerzialisierung der Daten für Werbezwecke... all das verstößt gegen unser Recht."

7.000 Nutzer könnten die neuen Richtlinien kippen

Geschadet haben der Aktien-Nachfrage offenbar die andauernden Querelen um Datenschutzfragen in Europa nicht. Kurz vor dem Börsengang brachte Facebook immerhin noch eine Änderung seiner Datenverwendungsrichtlinien auf den Weg. Facebooks Datenschutzbeauftragte Erin Egan betont, dass hier auch die Vorschläge des für das Europageschäft zuständigen irischen Datenschutzbeauftragten eingeflossen sind. Tatsächlich erklären die neuen Richtlinien detaillierter als bisher, was Facebook mit Nutzerdaten tut.

So lange nicht 7.000 Nutzer widersprechen, gelten diese als angenommen. Die bisherigen Änderungsvorschläge für die allgemeinen Nutzungsregeln stießen in der deutschsprachigen Community allerdings auf deutlichen Widerstand: Beim ersten Mal gab es 36.000 Kommentare, beim zweiten Mal über 13.000. Dieses Mal sind es aber nur knapp über 1.000 – und schon an diesem Freitag, dem Tag des Börsengangs, läuft die Kommentierungsfrist ab.

Thilo Weichert empfiehlt in einer Pressemitteilung, die Änderungen erneut abzulehnen. Man solle sich dabei an den Verbesserungsvorschlägen orientieren, die die Wiener Studentengruppe Europe-versus-Facebook auf ihrer neuen Website "Our Policy" zusammengestellt hat.

Biometrische Gesichtserkennung bleibt

Und auch der irische Datenschutzbeauftragte erklärte, dass mit den neuen Bestimmungen noch immer nicht alle Mängel damit beseitigt seien. So ändere sich etwa nichts in der Frage der biometrischen Gesichtserkennung. Für den Hamburgischen Landesdatenschützer Johannes Caspar ist sie die "digitale Risikotechnologie Nummer eins", die nur bei ausdrücklicher Zustimmung der Betroffenen genutzt werden dürfe. Facebook holt hierfür jedoch keine gesonderte Einwilligung der Betroffenen ein. Auch geht aus den Richtlinien hervor, dass das Löschen der Daten im Falle einer Kontolöschung nicht in allen Fällen funktioniert. So garantiert Facebook nicht, dass auch die Daten, die von externen Anwendungen verwendet wurden, gelöscht wurden. Darum soll sich der Nutzer selbst kümmern.

Facebook erläutert allerdings erstmals detailliert die Funktionsweise seiner Cookies. So verwendet Facebook die kleinen Datenschnipsel, die auf dem Rechner seiner Nutzer gespeichert werden, nicht nur aus Sicherheitsgründen, sondern auch um Werbeanzeigen innerhalb und außerhalb von Facebook zu positionieren. Gleichwohl gibt Facebook nicht an, wie viele Cookies es setzt und wie lange diese auf dem Rechner der Nutzer gespeichert werden sollen.

Auch Profile von Nichtmitgliedern möglich

Eine Studie der Universität Heidelberg kam übrigens erst kürzlich zu dem Schluss, dass soziale Netzwerke wie Facebook auch über Nicht-Mitglieder Profile erstellen können. Die Mitglieder eines Netzwerks gaben nämlich über Funktionen wie den "Freundefinder" die Kontaktdaten von Nicht-Mitgliedern preis. Mit Hilfe verschiedener Datamining-Methoden lassen sich dann Rückschlüsse darüber ziehen, wer mit wem wahrscheinlich bekannt ist. Weitere Aussagen lassen sich mit einiger Präzision sogar über das mutmaßliche Alter, den Wohnort und die politischen Interessen treffen.